Was für ein wunderbarer Filmtitel. Frei übersetzt bedeutet „Happy-Go-Lucky“: Gute Laune ist ansteckend. Und der Film hält, was der Titel verspricht. In erster Linie ist dafür ein hervorragend agierendes Ensemble origineller Figuren verantwortlich. Es macht einfach Spaß, ihnen dabei zuzuschauen, wie sie sich durchs Leben schlagen. Allen voran die 30-jährige Heldin Poppy (Sally Hawkins), deren gute Laune fast unerschütterlich ist. Leider begeht Mike Leigh den Fehler, sich nicht auf das dramatische Potenzial seiner Geschichte zu konzentrieren. Das ist nämlich die Dreiecksgeschichte zwischen Poppy, ihrem Fahrlehrer Scott (Eddie Marsan) und dem Sozialarbeiter Tim. Mit letzterem gönnt der Regisseur seiner Heldin ein Happy End.
Die Geschichte
Eigentlich ist „Happy-Go-Lucky“ eine Beziehungskomödie mit ein paar dramatischen Elementen. Grundschullehrerin Poppy liebt ihren Beruf und treibt eher fröhlich und unbekümmert durchs Leben. Zu ihrer Mitbewohnerin Zoe, ihren Schwestern und Kollegen pflegt sie ein freundschaftliches, unbeschwertes Verhältnis. Den Diebstahl ihres Fahrrads nimmt sie zum Anlass, Fahrstunden zu nehmen. Dabei trifft sie auf den griesgrämigen Fahrlehrer Scott, der so ziemlich ihr genaues Gegenbild ist. Mit ihrer kindlich-neugierigen Art weckt sie seine Gefühle, auch wenn er sich notorisch unnahbar gibt. Als ein Junge in ihrer Klasse sich verhaltensauffällig zeigt, alarmiert Poppy die Direktorin, die wiederum den jungen Sozialarbeiter Tim einbezieht. So erfahren sie von häuslicher Gewalt in der Familie des Jungen. Bei ihren Bemühungen kommen Poppy und Tim sich näher und beginnen ein Liebesverhältnis. Als Scott davon erfährt, reagiert er zutiefst verletzt und beendet den Fahrschulunterricht. Zum ersten Mal wirkt Poppy verstört, was einem Happy End mit Tim aber nicht im Wege steht.
Die Figuren
Die große Stärke von „Happy-Go-Lucky“ ist seine Fülle von interessanten, originellen Figuren. Wie ein farbenfroher Schmetterling flattert Poppy durchs Leben und nimmt dabei kein Blatt vor den Mund: „Siehst aus wie ein Karnickel im Scheinwerferlicht“, bekundet sie dem schlecht gelaunten Buchhändler. Mit ihrer Unbekümmertheit und ihren direkten Fragen hat sie in positiver Hinsicht etwas Kindliches. „Haben sie dich in der Schule gehänselt?“, fragt sie „Scottie“, ohne eine Antwort zu erhalten. Überhaupt sind diese Szenen beim Fahrunterricht das absolute Highlight des Films. Wie Eddie Marsan diesen einsamen, verbitterten Fahrlehrer spielt, ist einfach genial. Mit seinen Tiraden über die Verkommenheit und Ungerechtigkeiten dieser Welt sowie seinem beharrlichen Schweigen auf Poppys Fragen erfährt man sehr viel über ihn. Gerade die offensichtlich erlittenen Demütigen mit einhergehenden Ohnmachtsgefühlen, die hinter seiner harten Schale zum Vorschein kommen, wecken unser Mitgefühl. Im Grunde ist „Scottie“ die interessanteste Figur. Da kann der gutgebaute Tim („mein Glückslos“) nicht wirklich mithalten.
Schwächen
Leider hat Mike Leigh keinerlei dramaturgische Kenntnisse. Anstatt den Fokus auf die Dreiecks- und die Mobbinggeschichte zu legen, gibt es jede Menge irrelevanter Szenen: Da besucht Poppy eine Buchhandlung, tanzt mit ihren Freundinnen in einer Disco, trifft nachts einen verwirrten Obdachlosen oder besucht mit der Direktorin ihrer Schule einen Flamenco-Kurs. Nur, was soll das alles? So stellt sich irgendwann Langeweile ein, bis wir uns wieder an einer Fahrstunde von Poppy und „Scottie“ oder an einer der paar Szenen mit Eigenwert erfreuen dürfen.
Lösungen
In medias res. Sofortige Konzentration auf das dramatische Potenzial. Tim und Scott müssten viel eher ins Spiel gebracht werden. Die erste Fahrstunde könnte das Opening sein, anschließend das Mobbing in der Schulklasse. Des Weiteren wird es Poppy und Tim bei ihrer Annäherung viel zu einfach gemacht. Hier wären ein paar Hindernisse und Konflikte wünschenswert. Beide könnten sich zum Beispiel uneins sein über die Vorgehensweise bei der Behandlung des Mobbingvorfalls. Tim könnte das sofortige Einschalten des Jugendamts präferieren, während Poppy auf Gesprächslösungen setzt. Das wäre ein Konfliktpotenzial.
Fazit
„Happy-Go-Lucky“ hat ein paar originelle Protagonisten, die man so schnell nicht wieder vergisst, aber leider keine Spannung und keine Konzentration auf die eigentlichen Geschichten. So richtig „happy“ ist man hinterher nicht.
