Die Farbe Lila (Steven Spielberg) USA 1985

„Die Farbe Lila“ gehört zu den schwächeren Filmen von Steven Spielberg. Das liegt zum einen an der Romanvorlage der Pulitzer-Preisträgerin Alice Walker, die nicht unbedingt für eine Verfilmung geeignet ist (s. Ausführungen zur Problematik von Literaturverfilmungen). Schon die Genreeinstufung gestaltet sich schwierig. Ein Drama – wie Wikipedia behauptet – ist es auf keinen Fall, am ehesten noch eine Tragikomödie, aber auch nicht wirklich. Erzählt wird die Geschichte der Afroamerikanerin Celie, die vor gut 100 Jahren in den Südstaaten der USA spielt. Vom Vater missbraucht, wird Celie bei der ersten Gelegenheit mit dem schwarzen Farmer Albert Johnson verheiratet. Erst die Freundschaft mit der Jazzsängerin Shug Avery ermöglicht ihr schließlich einen Ausweg aus dem Ehe-Gefängnis.

Stärken

Sehr schön ist die Erzählerstimme der Heldin, die Einblicke in ihre Befindlichkeit gewähren. Dann gibt es einige Szenen mit Eigenwert, in denen Spielbergs Talent zum Vorschein kommt. Zum Beispiel, wenn Celie ihren Mann mit einem Messer auf der Veranda rasieren soll. Das wird genüsslich retardiert, denn man weiß, was in der Heldin vorgeht: Ein Schnitt durch seine Kehle und alles ist vorbei. Dann gibt es ein paar witzige Szenen, zum Beispiel wenn Alberts Sohn Harpo beim Dachdecken öfter durchs Gebälk kracht und auf dem Hosenboden landet. Sehr schön sind auch die konsternierten Gesichter von Albert und Celie, als Shug mit ihrem neuen Ehemann Grady zu Besuch kommt. Auf den hätten beide gern verzichten können. Um so überraschender ist die anschließende alkoholselige Verbrüderung der beiden Männer. Auch Gradys Abschiedsworte („War nett bei euch“) sind angesichts von Celies dramatischem Abgang witzig.

Figuren

Insgesamt weckt Celie zu wenig Emotionen. Sie wirkt zwar traumatisiert durch den Missbrauch und der Trennung von den eigenen Kindern sowie der geliebten Schwester. Aber insgesamt agiert sie zu passiv. Ein einziges Mal rebelliert sie gegen die Repressionen ihres Mannes. Auch die Gefahrenmomente, außer den gelegentlichen Schlägen, halten sich in Grenzen. Eine Flucht zieht Celie leider nicht in Erwägung. Der Klu-Klux-Klan ist ebenfalls kein Thema. Antagonist Albert wird seiner Rolle als Bösewicht nicht gerecht. Er ist eine Mischung aus Tollpatsch und gewalttätigem Nichtsnutz. Das Eheleben als Hölle findet dramaturgisch gesehen viel zu selten statt. Man fragt sich auch, wovon die Familie ihren relativen Wohlstand finanziert? Ein einziges Mal sieht man Albert im Garten schuften. Ein finanzieller Druck ist nicht erkennbar. Hier wäre eine kleine Erklärung ganz vorteilhaft gewesen. 

Künstlichkeit

Mit seiner unglaublich künstlichen Inszenierung erinnert „Die Farbe Lila“ an den späteren „The Help“, ebenfalls eine Literaturverfilmung. Alles so schick und fotogen hier, angefangen von der Inneneinrichtung der kleinen Farm, der idyllischen Umgebung mit den lilafarbenen Blumenwiesen bis hin zu den güldenen Sonnenuntergängen. Im Winter ist der Boden mit Schnee bedeckt, nicht aber die Bäume und frieren tut auch keiner (seit wann schneit es eigentlich in den Südstaaten?). Beide Filme haben auch gemeinsam, dass sie die Chance auf eine ernstzunehmende Aufarbeitung dunkler US-amerikanischer Geschichte ignorieren. Man sehnt sich nach den elenden Behausungen und rassistischen Gewalttaten von „Mississippi Burning“. Aber der stammt ja auch einem Briten (Alan Parker), nicht von einem US-Amerikaner. Vielleicht hat man als Außenstehender einen klareren Blick auf nationale gesellschaftliche Missstände?

Finale

Spielberg geniert sich nicht, eines der verlogensten und schmalzigsten Enden der Filmgeschichte zu kreieren. Da erbt Celie nach ihrem Weggang von Albert ein schnuckeliges Häuschen und Shug versöhnt sich singend mit ihrem bis dato unnachgiebigen Vater, dem Prediger der Gemeinde. Albert ist wie von Zauberhand geläutert und investiert sein Geld (woher er das auch immer hat?) für die Heimkehr von Celies Kindern, die ihrer „Mama“ am Ende um den Hals fallen. Da kullern schon die Tränen, aber nicht die der Rührung, sondern der unfreiwilligen Komik. Albert darf mit seinem Pferd am Ende auch noch mal im Hintergrund herumtraben. Friede, Freude, Eierkuchen. 

Fazit

„Die Farbe Lila“ ist die leidlich spannende, teilweise interessante Lebensgeschichte der Afroamerikanerin Celie, die am Ende zum schmalzigen Rührstück verkommt.

7 Emojis zur Bewertung eines Spielfilms, hier 2 blaue Smileys und 5 schwarze traurige Gesichter für "Die Farbe Lila".

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