City of Lies (Brad Furman) USA 2017

„City of Lies“ ist ein hervorragend gemachter Krimi (kein Thriller), der auf einem Tatsachenroman von Randall Sullivan beruht. Hauptperson ist Russell Poole (Johnny Depp), ehemaliger Detective des LAPD. Der hatte in den 90er Jahren, nach dem Tod von Rapper Tupac Shakur in Las Vegas, den Mord am Rapper The Notorious B.I.G. in Los Angeles untersucht. Irgendwann stieß Poole auf Verdachtsmomente, demnach das einflussreiche Hip-Hop-Label Death Row Records und Polizisten des LAPD ihre Finger im Spiel hatten. Trotz eindeutiger Warnungen ließ er sich bei seinen Ermittlungen nicht beirren und schaltete sogar die Staatsanwaltschaft ein. Kurz darauf wurde der Nestbeschmutzer erst versetzt, dann suspendiert. Der korrupte Policeofficer Rafael Perez klärte Poole auf, worum es hier ging: Um „Muschis und Macht“.

Die Geschichte

18 Jahre später lebt Poole allein in einer heruntergekommenen Wohnung. An den Wänden Relikte seiner Ermittlungen zum Mordfall, die ihn offensichtlich nicht losgelassen haben. Da bekommt er Besuch vom Journalisten Jack Jackson (Forest Whitaker). Aus der anfänglichen Abneigung entwickelt sich eine Zusammenarbeit, in deren Verlauf der ganze Fall noch einmal neu aufgerollt wird und mafiöse Strukturen transparent werden. Trotz Beweise von Straftaten involvierter Polizisten hat es in knapp 20 Jahren keine einzige Festnahme gegeben. Pool erläutert Jackson diesen Sachverhalt: „Sie haben keine Ahnung, wozu das LAPD imstande ist“.

Die Form

Die komplexe Geschichte verlangt Konzentration. Der Wechsel zwischen den zeitlichen Ebenen erfolgt fließend und ist teilweise nicht sofort erkennbar. Der füllige Bauchumfang des alternden Poole liefert Indizien, ebenso wie die Farbgestaltung. Ansonsten eine echte Herausforderung. Eine tolle Montage. Super. Die Schauspieler agieren herausragend und sind inklusive aller Nebenfiguren brillant gecastet. Die Ausstattung ist nicht minder exzellent. Die Kameraarbeit ist konzentriert und sorgt mit düsteren Bildern für eine latent bedrohliche Atmosphäre. Ein Film Noir im besten Sinne.

Schwachpunkte

Keine Schwachpunkte? Doch. Da gibt es einen Nebenerzählstrang, der Russell Pooles gestörte Beziehung zu seinem Sohn beschreibt. Offensichtlich ist es im Zuge von Pooles Suspendierung auch zu privaten Zerwürfnissen gekommen. Aber das ist Spekulation, konkretisiert wird das nicht. Unklar bleibt auch, warum die Filmemacher die Vater-Sohn-Beziehung thematisieren und nicht Russells Trennung von seiner Ex-Frau, die es ja gegeben haben muss? In jedem Fall hat dieser Nebenerzählstrang keinerlei Handlungsrelevanz.
Einmal gerät Jackson in eine nächtliche Polizeikontrolle. Da dürfen wir mit ihm mitzittern. Das war’s dann. Eigentlich hätte man sich in diesem Punkt ein bisschen mehr gewünscht, gerade angesichts der bevorstehenden Buchveröffentlichung. Hier taucht natürlich wieder die Frage auf, inwieweit sich ein Filmemacher von den Fakten entfernen darf? Er darf es. Er benötigt nur Einsicht und Mut. Ein Spielfilm ist doch nur ein Spiel, eine Fiktion, wobei die Entwicklung von Gefahrenmomente eine zentrale Bedeutung hat.

Finale

Am Ende stirbt Poole an einem Herzinfarkt. Seine kurz vor dem Ableben gestellte Frage „Wofür war das dann alles?“, beantwortet Jackson mit der Veröffentlichung seines Buches. Aber das Ende bleibt ansonsten offen. Das LAPD hat den Fall offiziell nicht abgeschlossen, aber auch keine neuen Ermittlungen eingeleitet. Er befindet sich sozusagen auf einem Abstellgleis, womit Pooles Theorie bestätigt wird: „Ein Mord wie dieser wird nur dann nicht aufgeklärt, wenn die Polizei ihn nicht aufklären will.“ Desgleichen wird im Nachspann auf eine Statistik hingewiesen, demnach 50% der Morde an Schwarzen unaufgeklärt bleiben.

Fazit

Trotz des authentischen Hintergrunds ist das offene Ende ein bisschen unbefriedigend. Irgendwie verlangt diese Geschichte nach einer Fortsetzung, nach einem zweiten Teil. Dafür sprechen auch die dubiosen Gründe für die Absetzung von „City of Lies“ in den amerikanischen Kinos im Jahre 2018. Erst nach einer europäischen Festivalteilnahme fand der Film 2021 noch seinen Weg in die Kinos, wobei die Besucherzahlen aufgrund der Corona-Pandemie sehr niedrig waren. Er hätte viel, viel mehr verdient.

7 Emojis zur Bewertung eines Spielfilms, hier 6 blaue Smileys und 1 schwarzes trauriges Gesicht für "City of Lies"

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