Bastion 36 (Olivier Marchal) F 2024

Okay, manchmal haben die Franzosen es auch nicht drauf. Schon mit „Die Banden von Marseille“ hat Olivier Marchal verraten, dass er nichts vom Regiefach versteht. Jetzt hat er mit „Bastion 36“ nachgelegt. Entstanden ist ein unglaubwürdiger, geschwätziger Abklatsch von allen möglichen Copthrillern, in denen wir mal wieder glauben sollen, dass eine gesamte Spezialeinheit der Polizei aus geldgierigen Gangstern besteht, die auch vor Mord nicht zurückschrecken. Wahrscheinlich hat Marchal sich diese tätowierte, whiskysaufende und rauchende Kaspertruppe von „Criminal Squad“ zum Vorbild genommen, anstatt „American Gangster“ von Ridley Scott oder „L.A. Confidential“ von Curtis Hanson. Letztere Versionen haben auch den Vorteil, dass sie zeitlich und örtlich so angesiedelt sind, dass die Akzeptanz derartiger Konstruktionen nicht ständig malträtiert wird. 

Triumph der Ungereimtheiten

Es fängt mit der Verfolgung des Drogenbosses Karim an. Der wird schließlich vom jungen Antoine Cerda, Mitglied der Eliteeinheit „Bastion 36“, gestellt und gleich wieder laufen gelassen. Häh? Wozu jetzt der ganze Aufwand, wenn es keine Gründe für eine Festnahme gibt? So geht das dann munter weiter. Warum Antoine sich bei illegalen Boxkämpfen prügelt, bleibt sein Geheimnis. Wahrscheinlich ein Masochist? Wichtiger als die Story und ihre Handlungslogik sind Marchal die üblichen männlichen Attribute: Saufen, rauchen, Tattoos, schnelle Autos, Prügeleien, Schießereien. Emotionen stellen sich bei diesem Treiben nicht ein.

Unfreiwillige Komik

Stattdessen dürfen wir ab und zu herzhaft lachen, zum Beispiel als Antoine nach seiner Suspendierung und einem Zeitsprung von sechs Monaten mal wieder bei seiner Freundin Anna aufkreuzt. Die ganze Zeit war er auf Tauchstation und fragt sie jetzt: „Bist du sauer?“ Das ist schon witzig. Natürlich ist sie nicht so ungehalten, dass sie unserem Filou nicht verzeihen könnte. Auch das passt in Marchals einfach gestricktes Rollenverständnis.

Lösungen

Warum sollten die schwarzen Schafe einer Polizeieinheit sich überhaupt untereinander abmurksen? Das macht doch keinen Sinn. Sie beziehen doch einen erträglichen Lohn plus Nebeneinnahmen aus kriminellen Machenschaften. Einziges Motiv wäre der mögliche Ausstieg eines  Komplizen. Aber dann wäre einer tot und nicht ein halbes Dutzend, mal abgesehen von dem Wirbel, den die Ermordung eines Polizeibeamten verursachen würde. Viel besser wäre es, wenn Drogenboss Karim hinter der Ermordung stecken würde. Er hätte ein profundes Motiv: Die kriminellen Cops untergraben seine Drogengeschäfte. Das kann er nicht zulassen. Versteht jeder. Am Ende hätte er für „Ordnung“ gesorgt, nicht die Polizei. Mangels Beweisen hätte man ihn laufen lassen müssen, aber nicht am Anfang. Dann könnte alles wieder seinen gewohnten Gang gehen. Das wäre ein besseres, auch ironisches Ende gewesen. Aber ohne interessante Figuren ist sowieso alles für die Katz, also beim Erzählen von Geschichten.

Fazit

Es gibt einige interessante Netflix-Produktionen, „Bastion 36“ gehört zu den grottigen.

7 Emojis zur Bewertung eines Spielfilms, hier 1 blauer Smiley und 6 schwarze traurige Gesichter für "Bastion 36".

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