Es zahlt sich aus, diesen Thriller nicht allzu ernst zu nehmen. Dann kommt man mehr auf seine Kosten. In seinen besten Momenten ist „Payback – Zahltag“ also kein reiner Thriller oder Actionthriller, sondern eine Thrillerkomödie mit einem klassischen Erzählmotiv, nämlich Rache. Bei einem Raubüberfall auf chinesische Gangster wird Porter (Mel Gibson) von seinem Kumpel Val und seiner eigenen Frau hintergangen. Er überlebt schwerverletzt. Kaum wieder genesen, macht er Jagd auf die Verräter. Bei seinem Feldzug scheut Porter auch einen bleihaltigen Kampf mit der Mafia nicht. Der Film ist eine Adaption des gleichnamigen Romans von Richard Stark und ein Remake von „Point Blank“ aus dem Jahr 1967.
Stärken
Der Film beginnt mit eindrucksvollen Nahaufnahmen, farbentsättigten Bildern, die eine düstere Grundstimmung einläuten. Assistiert von einer Off-Stimme sind wir immer ganz nah beim Helden. Erzählt wird eine einfache und verständliche Rachegeschichte. All das sind nicht zu unterschätzende Vorzüge. Einmal stutzt man und fragt sich, nachdem Porter die Verräter zur Strecke gebracht hat, warum er es nicht dabei belässt? Aber da ist ja noch Rosie, eine Edel-Prostituierte, die er von früher kennt und für die er immer noch Gefühle hegt. Porter weiß, dass sie beide erst frei sind, wenn auch die Bosse das Zeitliche gesegnet haben.
Klischees
Vieles wirkt einfach überzogen, manchmal bis ins Groteske, zum Beispiel der sadomasochistische Clinch zwischen Val und der chinesischen Prostituierten Pearl. Okay, das sind die Momente, in denen man nicht alles so ernst nehmen sollte. Desgleichen die chinesischen Mafiosi, die allesamt nicht nur so aussehen, wie man sich in seinen schlimmsten Albträumen fernöstliche Gangster vorstellt – nein, sie verhalten sich auch noch so. Sie transportieren Drogengelder in großen schwarzen Limousinen, sind schießwütig oder wollen einem die „Eier“ abschneiden. Die Cops sind korrupt und nicht besonders helle. Irgendwie hat man das alles schon mal so oder so ähnlich gesehen.
Mafiosi
Ganz schlimm wird es bei den Bossen des Syndikats. Die sind so schlecht inszeniert, dass selbst die Strategie, nicht alles ernst zu nehmen, nicht mehr funktioniert. Die „Bodyguards“ von Vize Carter werden bei Porters erstem Besuch kurzerhand k.o. geschlagen und ihr Boss zur Warnung erschossen. Vize Nr. 2 jammert bei Porters Besuch über seinen zerschossenen Koffer aus Alligatorleder und feuert seine beiden „Bodyguards“. Die verbliebenen Gangster der Vizebosse werden von Porter in ihrem Wagen in die Luft gejagt. So richtig unfreiwillig komisch ist dann der Auftritt von Gangsterboss Bronson. Er rudert zu Hause auf einem Fitnessgerät – was Mafiabosse eben so machen – und versteht sich prächtig mit seinem 18-jährigen Sohn. Das ist ja ganz schön, hat aber bei der Charakterisierung eines tauglichen Antagonisten nichts verloren. Schade, dass von diesen Gangstern – mit Ausnahme der Folterszene vielleicht? – überhaupt keine Gefahr ausgeht.
Zufälle
Dafür gibt es aber einige Zufälle, was ja erzähltechnisch nicht so toll ist. Zufällig kann Porter sich beim Showdown, trotz schwerster Verletzungen, seiner Fesseln entledigen und sich aus dem Kofferraum von Bronsons Limousine befreien. Zufällig befindet sich auch noch ein Autotelefon in der Konsole, das zufällig freigeschaltet ist, so dass Porter seinen tödlichen Anruf erledigen kann. Ist ja noch mal gut gegangen, kann man da nur sagen. Genauso als die fiesen Chinesen Porter an die „Eier“ wollen. Da tauchen zufällig und gerade noch rechtzeitig die korrupten Cops auf, weshalb die Schlitzaugen lieber erstmal Leine ziehen. Jedenfalls sind die Detectives einmal zu etwas nutze.
Prinzip
Ein weiterer Schwachpunkt ist Porters Anteil von 70.000 Dollar aus dem Überfall mit Val. Immer wieder besteht er auf der Auszahlung dieser Summe. Zurecht bezweifeln Mafiosi und Cops seine Zurechnungsfähigkeit. Wenn es sich um sein Geld handeln würde, wäre es ein origineller Charakterzug, vergleichbar mit dem dickköpfigen Verhalten von „Parker“ (Taylor Hackford, die Buchvorlage stammt übrigens ebenfalls von Richard Stark), dem es bei seiner Abrechnung „ums Prinzip“ geht. Aber in „Payback – Zahltag“ ist es nicht Porters Geld. Es handelt sich um Drogengelder, die er mit Val den Chinesen abgeknöpft hat. Seine Beharrlichkeit, exakt diese 70.000 zu bekommen, ist nicht wirklich nachvollziehbar.
Fazit
Schlussdialog. Rosie: „Wohin jetzt?“ Porter: „Irgendwo hin, Baby. Wenn du nicht mehr auf den Strich gehst, höre ich auf Leute umzulegen.“ Na, das ist doch mal eine Perspektive, mit der wir an diesem „Payback – Zahltag“ leben können
