Schlaglichtartig wird hier das Leben zweier befreundeter Ehepaare mit ihren pubertierenden Kindern beleuchtet. Dank der exzellenten, gleichnamigen Buchvorlage von Rick Moody sowie einer Riege von herausragenden Schauspielern schafft Ang Lee immer wieder Momente von beeindruckender Intensität. „Der Eissturm“ wirft einen gnadenlosen Blick hinter die Fassade bürgerlichen Wohlstands, in dem sich die Erwachsenen auseinander gelebt haben. Die Ehemänner sorgen für das materielle Wohlergehen, die Ehefrauen langweilen sich und flüchten sich in Affären, die heranwachsenden Kinder rebellieren auf ihre Art gegen diese Form der Vernachlässigung. „Warst du weg?“, lautet die Begrüßung des 14-jährigen Mikey als sein Vater nach mehrtägiger Geschäftsreise zurückkehrt. Man hat sich nicht mehr viel zu sagen oder gar zu fragen. Es herrscht Gefühlskälte, visuell eindrucksvoll mit einem Eissturm in Szene gesetzt.
Schwachpunkte
Leider überträgt sich diese Kälte auf den Betrachter. Das Geschehen wirkt wie die Versuchsreihe eines Wissenschaftlers, der das Treiben von Kleinstlebewesen unter dem Mikroskop erforscht. Dieser distanzierte, ständig wechselnde Blick führt letztlich dazu, dass man mit keiner Person richtig mitfühlt. Dass am Ende der Tod eines Kindes für eine vorgebliche Einsicht oder Läuterung der Ehepaare herhalten muss, ist äußerst schwach. Da helfen die späten Tränen der Familienväter dann auch nicht mehr. Hitchcocks Postulat hat eben nichts von seiner Gültigkeit verloren (s. „Die Defätismusskala„).
Lösungen
Viel besser wäre es gewesen, was der Film zumindest andeutet, wenn beim finalen Partnertausch auf einer Schlüsselparty letztlich keiner mitgespielt hätte. Wenn alle, anstelle eines Seitensprungs, wieder beim jeweiligen Partner gelandet wären. Dann hätte die Lösung in den Figuren selbst gelegen und nicht in diesem Deus-ex-machina (plötzlich eintretender, unmotivierter Höhepunkt). Sie wäre glaubhafter und wesentlich stärker gewesen. Sie hätte sich aus der Erkenntnis der Erwachsenen gespeist, dass sich ihre emotionalen Defizite nicht durch Affären beheben lassen, sondern nur durch eine Befriedigung ihrer Sehnsucht nach Zuwendung, Geborgenheit und Liebe.