„Der Profi“ ist ein spannender, politisch unkorrekter Agententhriller mit sehr originellen Figuren. Von den eigenen Leuten verraten, startet Geheimagent Beaumont (Jean-Paul Belmondo) einen Rachefeldzug gegen seine ehemaligen Kollegen. Den führt er trickreich, großmäulig und schlagkräftig aus. Im Zweifelsfall verlässt er einen Gefahrenort lieber durch die Vorder- als durch die Hintertür. Immer wieder gibt es witzige und unkorrekte Dialoge oder Situationen. Man kann lachen und mit Beaumont mitfiebern.
Während der Neue Deutsche Film zeitgleich bedeutungsschwere Nabelschauen und Politlangweiler fabriziert hat, widmete die Nouvelle Vague sich klassischen Erzählmotiven. „Der Profi“ ist nichts anderes als eine Variante von Alexandre Dumas’ „Der Graf von Monte Christo“, dem Prototypen einer Rachegeschichte. Allerdings hätte Regisseur Georges Lautner, der auch am Drehbuch mitschrieb, die dramaturgischen Finessen der Vorlage besser herausfiltern sollen. Wenn Beaumont nach zweijähriger Abwesenheit seine Frau aufsucht, dann benehmen die beiden sich als wäre nichts weiter geschehen. Wenn Edmond Dantès (der Graf von Monte Christo) zu seiner geliebten Frau zurückkehrt, ist die mit seinem größten Widersacher verheiratet und hat (scheinbar) ein Kind von ihm. So ist das natürlich richtig. Das Drama sollte, wann immer es möglich ist, auf die Spitze getrieben werden. In „Der Profi“ bleiben die ehemaligen Weggefährten von Beaumont, also die Verräter, leider verschont. Ausnahmen sind Kommissar Rosen und seine sadistische Assistentin.
Das überraschende Ende des Films ist Ausdruck seiner Botschaft: Für wirtschaftliche und politische Interessen gehen Regierungen und ihre Organe über Leichen. Insgesamt ein origineller, unterhaltsamer Film mit einem Wermutstropfen: Die Stoffentwicklung hätte gern etwas tiefschürfender sein können.
