Charley Varrick – Der große Coup (Don Siegel) USA 1973

„Charley Varrick“ hat auch 50 Jahre nach seiner Herstellung nichts von seiner dramatischen und atmosphärischen Dichte eingebüßt. Der Gangsterthriller punktet mit einer raffinierten Geschichte und originellen Regieeinfällen. Wieder mal erweist Don Siegel sich als Meister harter Actionfilme, der um jeden Preis unterhalten will. Das ist gut und das gelingt ihm, auch wenn die psychologische Auslotung seiner Figuren nicht zu seinen Kernkompetenzen zählt.

Die Geschichte

Charley Varrick (Walter Matthau), Ehefrau Nadine und zwei Komplizen sind Bankräuber, die sich auf Überfälle kleinerer Geldhäuser spezialisiert haben. Diese Ausgangssituation hat u.a. David Mackenzie in „Hell or High Water“ kopiert. Charleys Bande hat sich eine kleine Privatbank in Tres Cruces (New Mexico) ausgesucht. Allerdings läuft der Coup mit einer Schießerei und vier Toten völlig aus dem Ruder. Nadine erleidet einen Bauchschuss und stirbt auf der Flucht. Charley und sein verbliebener Komplize können erst mal untertauchen. Während in den Nachrichten die gestohlene Summe mit 2.000 Dollar angegeben wird, haben sie tatsächlich eine drei Viertel Million erbeutet. Dabei handelt es sich um geparktes Geld der Mafia, die nun Killer Molly auf die Bankräuber ansetzt.

Stärken

Der spannende, dichte Plot beruht auf dem Roman „The Looters“ von John Reese. Immer wieder gibt es überraschende, aber plausible Wendungen, die die Spannung eskalieren. Immer wieder gibt es produktive Irritationen, die allesamt erzählerisch aufgelöst werden. So versteht man zum Beispiel zunächst nicht, warum Charley Varrick beim nächtlichen Einbruch in der Praxis seines Zahnarztes nicht nur die Röntgenaufnahmen seiner verstorbenen Frau entwendet, sondern auch seine mit denen seines Komplizen vertauscht. Der Sinn wird erst beim Showdown deutlich, als Charley Varrick seinen Verfolger mit einer Sprengladung ins Jenseits befördert. Die war nämlich im abgestellten Wagen mit der Leiche seines getöteten Partners deponiert. Damit wird die gerichtsmedizinische Untersuchung auch Charley Varrick als Toten identifizieren. Jetzt hat er nicht nur die Beute, sondern auch die Mafia ein für allemal abgeschüttelt.

Sehr schön ist auch die Atmosphäre, die der Thriller aufbaut. Immer wieder gibt es witzige und skurrile Momente – ein wohltuender Kontrast zu den teilweise harten Actionszenen. Auch die jazzartige Filmmusik von Lalo Schifrin trägt zum 70er-Jahre-Flow bei.

Schwächen

So gekonnt der Plot konstruiert ist, so schablonenhaft agieren die Personen. Das beginnt mit dem Tod von Charleys Ehefrau Nadine. Nachdem sie mitsamt Fluchtwagen verbrannt wird, geht Charley Varrick schnell wieder zur Tagesordnung über. Das ist aber weder glaubhaft noch dramatisch. Dass man nach dem Verlust eines geliebten Menschen eigentlich schwer wieder zur Tagesordnung übergehen kann, demonstriert zum Beispiel Taylor Sheridans Thriller „Wind River“.

Klischees

Überhaupt agieren alle Figuren zu klischeehaft. Charley Varrick ist zu cool, sein Partner zu einfältig. Mafioso Molly ist eigentlich nur eitel und sadistisch. Er schlägt zum Beispiel Frauen, um sie sich gefügig zu machen. Das FBI darf nicht ermitteln, weil hier eine Privatbank überfallen wurde. Der zuständige Sheriff und seine Leute agieren eher im Stile einer deutschen Mordkommission, also umständlich und korrekt. Von ihnen geht eigentlich keine Gefahr aus, was dramaturgisch natürlich nicht so toll ist.

Fazit

 Ein vielschichtiger Plot kollidiert mit eindimensionalen Figuren – Der kleine Crash.

7 Emojis zur Bewertung eines Spielfilms, hier 4 blaue Smileys und 3 schwarze traurige Gesichter für "Charley Varrick".

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