Mit „Deepwater Horizon“ widmet Peter Berg sich einmal mehr der Verfilmung von tatsächlichen Begebenheiten. Und er hat ein Händchen dafür. Wie er Figuren und Lebensabschnitte einführt, Dialoge und Filmmusik einsetzt und kontinuierlich Spannung aufbaut, ist schon gekonnt. Brillant ist die Charakterisierung des Protagonisten, Chefelektriker Mike Williams (Mark Wahlberg), indem wir Zeuge eines Aufsatzes werden, den seine kleine Tochter über den Beruf ihres Vaters verfasst hat. Wie in vergleichbaren sogenannten Katastrophenfilmen ist der Unglücksfall als bekannt vorauszusetzen. Niemand schaut sich ja zum Beispiel einen Film wie „Titanic“ an, um sich davon zu überzeugen, ob der Ozeandampfer tatsächlich Schiffbruch erleidet. Es geht also um andere Dinge.
Story
In „Deepwater Horizon“ sind wirtschaftliche Interessen multinationaler Konzerne (hier: BP) der Auslöser für die Katastrophe. „Wir sind 43 Tage in Verzug“, lautet das Mantra von Manager Donald Vidrine (John Malkovich). Mit diesem aufgebauten Druck, der letztlich zum „Blowout“ führt, werden elementare Sicherheitsstandards ignoriert. Damit wird nicht nur das Leben von 126 Mitarbeitern der Bohrinsel billigend in Kauf genommen, sondern auch eine ökologische Katastrophe nie da gewesenen Ausmaßes. Aus diesem Konflikt bezieht der Thriller sein dramatisches Potenzial: Geld versus Vernunft. Der Ausgang ist bekannt. „Alles, was angeblich nie passieren könnte, ist passiert“, resümiert Mike das Geschehen. Insofern ist dieser Thriller auch eine Parabel über rücksichtslose Geldgier, ein Mahnmal menschlichen Irrsinns. Sing noch mal den „Money-Song“ fordert Mike seine Kollegen auf, die dem gern nachkommen.
Schwachpunkte
Im Grunde ist „Deepwater Horizon“ ein gut gemachter Dokumentarfilm. Was fehlt, ist eine Geschichte wie in „Lone Survivor“ oder „Titanic“. Natürlich gerät Protagonist Mike in existenzielle Gefahr, aber nicht in einen inneren Zwiespalt. In „Lone Survivor“ muss der Held anfangs eine Entscheidung treffen: Sollen wir die beiden Ziegenhirten, Zeugen ihrer geheimen Operation, eliminieren oder laufen lassen? Es ist eine Entscheidung über Leben und Tod mit weitreichenden Folgen, wie sich herausstellen soll. Gerade weil er die Zeugen freilässt, sich menschlich verhält, beschwört er das Drama herauf. Deshalb fühlen wir mit ihm. Deshalb ist er unser tragischer Held, der Schuld auf sich geladen hat (Hegel).
In „Deepwater Horizon“ trifft Mike keine Entscheidungen, die dramatische Konsequenzen zur Folge haben. Er hat keine Schuld an den Gegebenheiten. Verantwortlich sind BP und ihre Handlanger. Insofern die Frage, ob nicht Donald Vitrine ein viel tauglicherer Held gewesen wäre? Mike Williams ist das Opfer von betriebswirtschaftlichen Umständen, in die er sich mehr oder weniger freiwillig begeben hat. Mehr aber nicht.