Mit seiner Kritik am Raubtierkapitalismus und am Raubbau an der Natur war „Pale Rider“ seiner Zeit weit voraus. Der Western ist eine Variation von Akira Kurosawas Abenteuerepos „Die sieben Samurai“. Anstelle eines Bauerndorfes wird hier eine Goldgräbersiedlung in einem kalifornischen Canyon regelmäßig von Männern des Minenbesitzers LaHood überfallen. Anstatt sieben Samurais kämpft hier nur einer zusammen mit den Siedlern für Frieden und Gerechtigkeit. Das ist kein Geringerer als der „Pale Rider“, den alle Prediger nennen (Clint Eastwood).
Der Held
Anfangs tritt er noch in der Verkleidung eines Reverends auf, um im Verlauf der Geschichte sein wahres Gesicht zu zeigen, nämlich das eines Revolverhelden. Das Szenario ist ganz einfach und verständlich angelegt: Gut gegen Böse in winterlicher Gebirgslandschaft. Das ist ein großer Pluspunkt, wobei die Guten – anders als in den US-amerikanischen Western der 50er und 60er Jahre – auch mal mit unlauteren Mitteln kämpfen. So sprengt zum Beispiel der Prediger zusammen mit dem Goldgräber Hull Barret (Michael Moriarty) das gegnerische Lager mit Dynamit in die Luft.
Die Geschichte
Der Film beginnt mit einer Gruppe von Reitern, die sich im rasenden Galopp einer Siedlung von Goldgräbern nähern. Das Getrappel der Pferde schwillt bedrohlich an. Im Lager reißen die Männer Hütten und Zelte nieder und schießen wild um sich. Aber es sind Warnschüsse. „Nur“ der Hund der 15-jährigen Megan wird tödlich getroffen. Die lebt im Camp mit ihrer alleinerziehenden Mutter Sarah Wheeler (Carrie Snodgress). Ihr Mann, das wird später deutlich, hat sich schon Jahre zuvor aus dem Staub gemacht. Umworben wird sie von Hull Barret. Nach dem Überfall kutschiert dieser, trotz Warnungen, in die nahe gelegene Stadt, um Vorräte zu besorgen. Dort wird er von Lahoods Leuten verprügelt, bis der auftauchende Prediger ihm aus der Patsche hilft. Zusammen kehren sie ins Lager zurück. Trotz seiner Kleidung erscheint der Prediger Megan wie die leibhaftige Erfüllung ihres erbeteten Beistands. Sowohl das junge Mädchen als auch ihre Mutter verlieben sich in den Fremden.
Gold
Der Canyon, in dem LaHood mit modernster Technik das Erdreich abträgt, ist wenig ergiebig. Nach einem Goldfund im Lager der Siedler will er deshalb mit allen Mitteln an ihre Claims. Vergeblich versucht LaHood, den Prediger zu bestechen und auf seine Seite zu ziehen. Aber der ist natürlich nicht käuflich und schlägt stattdessen vor, den Siedlern ein Kaufangebot in Höhe von 1.000 Dollar pro Claim zu machen. LaHood willigt schließlich ein, droht aber bei Scheitern der Kaufverhandlungen mit Marshal Stockburn und seinen Deputys. Das sind keineswegs Gesetzeshüter, sondern bezahlte Killer, die der Prediger zu kennen scheint.
Teamgeist
Einige der Goldgräber wollen verkaufen, bis Hull eine flammende Rede hält und an ihren Teamgeist und ihre Würde appelliert. Schließlich entscheiden die Siedler sich zum Verbleib. Am nächsten Morgen scheint der Prediger verschwunden. Aber er holt nur seine Waffen aus einem Depot in der Stadt. Seine Verwandlung zum Revolverhelden ist nun vollkommen. Mittlerweile haben Stockburn und seine Leute den Ort erreicht. Ihre erste „Amtshandlung“ besteht darin, den betrunkenen Goldgräber Spider zu erschießen. Nachdem der Prediger LaHoods Lager in die Luft gesprengt hat, macht er sich allein auf den Weg zum letzten Duell in die Stadt. Dort wird er bereits von Stockburn, den Deputys und LaHoods Männern erwartet. Der Prediger kann seine Gegner separieren und einen nach dem anderen ausschalten, bis auf LaHood. Der versucht ihn aus dem Hinterhalt zu erschießen. Doch der herbeigeeilte Hull rettet dem Prediger das Leben. Dann reitet der „Pale Rider“ allein von dannen.
Lakonie
Trotz des Einzelgängertums seines Helden ist „Pale Rider“ ein Plädoyer für den Teamgeist. Der Zusammenschluss verleiht den Siedlern Rückhalt und Kraft. Er führt die Wende im bleihaltigen Kampf herbei. Selbst der einzelkampferprobte Prediger wäre ohne Hulls mutigen Beistand am Ende erschossen worden. Die Dialoge sind manchmal etwas banal, dann wieder erfrischend lakonisch und fragmentiert. Anstatt sich am Ende umständlich bei seinem Lebensretter zu bedanken, bemerkt der Prediger nur folgendes: „Sie sind gut zu Fuß.“ Hulll: „Ja, das bin ich.“ Mehr muss man ja auch nicht sagen.
Die unmögliche Liebe
Sehr schön ist auch die angedeutete „Unmögliche Liebe“ zwischen dem Prediger und Sarah bzw. zwischen dem Prediger und Megan. Beide Beziehungen haben keine echte Chance. Die schwärmerischen Avancen der Tochter weist der Prediger zurück und beschützt sie damit. Die Mutter wählt am Ende Hull, den sie zwar weniger liebt. Aber er ist der Partner, der sie nicht verlassen wird, wie einst ihr Ex-Mann oder der „Pale Rider“.
Schwachpunkte
Demgegenüber leidet der Spannungsaufbau an der Kunstfigur des einsamen Revolverhelden. Der agiert sowohl mit seinen Fäusten als auch mit seinen Waffen im Stile eines Supermannes, weshalb man sich auch nicht groß ängstigt. Sein einziger Fauxpas, LaHoods Hinterhalt, kommt zu spät. Schade. Das hat Clint Eastwood in seinem späteren Meisterwerk „Erbarmungslos“ wesentlich besser gelöst. Da kommen die Helden verletzlicher und gebrochener daher. Insofern ist „Pale Rider“ eigentlich nur eine Fingerübung für den großen Wurf.
Antagonisten
Dieser Schwachpunkt betrifft auch die Antagonisten. Marshal Stockburn hat der Strategie des Predigers beim Showdown nichts entgegenzusetzen. Auch beim finalen Duell lässt er sich einfach erschießen. Da ist Sheriff Little Bill (Gene Hackman) in „Erbarmungslos“ schon ein anderes Kaliber. Man hätte auch gern mehr über die Vorgeschichte von Stockburn und dem Prediger erfahren. Offensichtlich sind sie in der Vergangenheit schon einmal aneinander geraten, worauf auch die Schussnarben auf dem Rücken des Predigers hindeuten. Stockburn hat ihn wohl für tot gehalten. Aber was genau passiert ist, bleibt leider im Dunkeln.
Die Szene mit dem betrunkenen Goldgräber Spider, der Stockburn und seine Leute auf der Straße provoziert, ist kompletter Unfug. Selbst im alkoholisierten Zustand kann man eigentlich nicht so blind ins Verderben laufen. Außerdem hätten seine anwesenden Söhne ihn vor dieser Dummheit bewahren müssen.
Fazit
Insgesamt ist „Pale Rider“ ein leidlich spannender, aber origineller und unterhaltsamer Western vor beeindruckender Gebirgskulisse.