West Side Story (Steven Spielberg)

Was veranlasst einen Könner wie Steven Spielberg, ein angestaubtes Musical wie „West Side Story“, das wahrscheinlich jeder zweite Erwachsene in irgendeiner Form schon mal gesehen hat, neu zu verfilmen? Das hätte nur bei einer zeitgemäßen Variation Sinn gemacht. Leider hält Spielberg sich eng an die Vorlage (Leonard Bernstein, Stephen Sondheim, Arthur Laurents) und deportiert Tanz und Gesangszenen im 50er-Jahre-Look auf die Leinwand. Dort können sie ihre Wirkung aber nicht so entfalten wie auf der Bühne. Im Kino wirken sie wie ein Fremdkörper und bremsen die dramatische Erzählung aus. Die behandelt immerhin ein klassisches Erzählmotiv, nämlich „Die Unmögliche Liebe“, also eine Romeo-und-Julia-Variation, hier: Tony und Maria.

Distanz

Es gibt tolle Kamerafahrten (Janusz Kaminski), eine visuelle Montage, alles sehr ästhetisch, auch der Dreck und das Blut. Schöne Menschen singen und tanzen in künstlicher Kulisse. Alles sorgt für Distanz, vor allem die werkgetreue Umsetzung der Vorlage. Ethnische Konflikte zwischen einer weißen Jugendbande und Puertoricanern mögen vor 70 Jahren eine Rolle gespielt haben? Aber heute?

Stilisierung

Warum überträgt Spielberg die Konflikte zwischen Jets und Sharks nicht in die Gegenwart? Wieso keine Liebesgeschichte zwischen einem schwarzen Jungen und einem weißen Mädchen? Warum diese infantile Liebe-auf-den-ersten-Blick-Begegnung? Alle Entscheidungen Spielbergs tragen zur unglaublichen Künstlichkeit dieses Rührstücks bei. Es hat den Anschein als würde hier ein Altmeister seinen nostalgischen, sentimentalen Erinnerungen frönen. Nichts mehr zu spüren von der Kraft früherer Thriller wie „Duell“, „Jurassic Park“ oder „Der weiße Hai“.

Fazit

Die Bezeichnung „Rührstück“ hat dieser Film eigentlich gar nicht verdient, denn die hat ja etwas mit emotionalen Reaktionen zu tun. In „West Side Story“ bleiben leider alle Augen trocken. Trotz der Dramatik, die eigentlich in der Liebesgeschichte steckt, entsteht zu keiner Zeit Spannung. Das ist das eigentliche Kunststück. Emotionen entstehen eigentlich nur ein einziges Mal: Man ärgert sich über die Spieldauer von über zweieinhalb Stunden!

7 Emojis zur Bewertung eines Spielfilms, hier 2 blaue Smileys und 5 schwarze traurige Gesichter für "West Side Story"

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