„Haus der Spiele“ ist die erste Regiearbeit von Drehbuch- und Theaterautor David Mamet. Das Ergebnis ist ein leidlich spannender Psychothriller mit einigen Überraschungen und Wendungen sowie einem katastrophalen Ende. Der Thriller punktet mit faszinierenden Einblicken in die Welt von professionellen Trickdieben, die menschliche Schwächen schamlos ausnutzen. Allerdings wirkt das Erzähltempo, selbst für damalige Verhältnisse, etwas beschaulich.
Die Geschichte
Heldin ist die erfolgreiche Psychiaterin Dr. Margaret „Maggie“ Ford (Lindsay Crouse), die einsam und unglücklich wirkt und zunehmend Zweifel am Sinn ihrer therapeutischen Arbeit hat. Ablenkung bietet ihr ein Besuch im „Haus der Spiele“, mit dem sie Billy, einen ihrer Patienten, aus der Patsche helfen will. Bei einem Pokerspiel um hohe Einsätze erkennt sie im letzten Moment, dass sie das Opfer einer Intrige werden soll. Aber jetzt ist Maggie zunehmend fasziniert von dieser Parallelwelt, vor allem von Trickster Mike (Joe Mantegna). Bei einem missglückten Betrug wird scheinbar ein Polizeibeamter erschossen. Außerdem droht Ärger mit der Mafia, weshalb Maggie mit 80.000 Dollar aushilft. Zu spät erkennt sie, dass alles wieder nur eine Inszenierung ist, um an ihr Geld zu kommen. Zutiefst verletzt erschießt sie Mike, was für sie eine befreiende Wirkung hat.
Figuren
Sehr schön ist die Konzentration auf die Protagonistin, die in jeder Szene präsent ist. Allerdings taugt Maggie nicht wirklich zur Heldin. Ihr fehlen einfach die erforderlichen Voraussetzungen. Mit ihrem schrecklichen Business-Kostüm und den streng zurückgekämmten Haaren ist sie Karikatur einer gelangweilten Upperclass-Akademikerin, die sich im Grunde „einen Scheiß“ (Originalton Billy) für ihre Patienten interessiert. Leider bleibt ihr Ausflug in die Unterwelt und ihre Faszination für die zwielichtigen Gestalten das einzig Interessante. Eine Entwicklung wird ihr nicht vergönnt. Sie macht am Ende da weiter, wo sie angefangen hat. Der infantile Diebstahl eines Feuerzeugs in der Schlußszene ändert nichts am Sachverhalt.
Eigentlich wäre Mike der tauglichere Held gewesen: „Sie möchten einen Kriminellen kennenlernen, der sein Handwerk versteht?“ Ja, das hätten wir viel lieber gesehen, zumal diese Perspektive ständig Suspense generiert hätte. Er ist es auch, der unsere langweilige Heldin durchschaut: „Du bist krank und pervers!“
Ungereimtheiten
Die ganze Nummer mit dem vergessenen Koffer samt 80.000 Dollar ist äußerst merkwürdig. Bei der Überprüfung, ob es sich um sauberes Geld handelt, hätte doch ein Geldschein genügt. Was soll der Vorschlag, die gesamte Summe bei einer Bank zu überprüfen und eine Sicherheit für die anderen zu hinterlegen? Wie hätte dieser Vorgang überhaupt ablaufen sollen? Das vermeintliche Opfer holt 20.000 echte Dollar von seiner Bank (wer hat so viel Geld auf seinem Konto?), hinterlegt sie bei den anderen Findern und wandert dann wieder mit dem Geldkoffer zur Bank? So doof kann man doch nicht sein? Äußerst merkwürdig ist auch die menschenleere Lagerhalle beim Showdown am Flughafen, die die Kontrahenten zudem mühelos betreten können.
Finale
Das Ende ist ein einziges Desaster. Schlimmer geht’s eigentlich nicht. Ein erzählerischer Offenbarungseid. Es ist auch der endgültige Verrat an der falschen Protagonistin. Maggie ist nicht der Typ, der vorsätzlich, aus niederen Motiven jemand umbringt. Außerdem reduziert Mamet sie damit auf verletzte Eitelkeiten und billige Rachegelüste: „Ich will, dass du um dein Leben bettelst!“ Was für ein Blödsinn! Dem ganzen wird auch noch die Krone aufgesetzt, indem Maggie nach dem Mord regelrecht befreit, ja fast fröhlich wirkt. Mord als Therapie. Nur, wer soll das glauben?!
Polizeiarbeit
Die Zuschauer werden noch in anderer Hinsicht für dumm verkauft, und zwar wegen der nicht existenten Polizeiarbeit. Spielen wir doch mal durch, was nach Mikes Ermordung passiert wäre: Die Todesursache wäre sofort ersichtlich gewesen. Immerhin stecken sechs Kugeln in seinem Körper, wie die Obduktion ergeben hätte. Seine Tricksterkumpel hätten sich bei der Polizei gemeldet. Der Verdacht wäre innerhalb von 24 Stunden auf Maggie gefallen – die einzige mit einem Tatmotiv. Dann hätte ihr Patient Billy erzählt, dass Maggie ihm bei der letzten Therapiestunde seine Pistole abgenommen hat. Ein kriminaltechnischer Vergleich hätte innerhalb weniger Tage eine Übereinstimmung mit den Kugeln in Mikes Leichnam ergeben. Außerdem hat sie kein Alibi und wäre möglicherweise von Zeugen am Flughafen identifiziert worden. Das wär’s dann für Maggie gewesen. Aus, die Maus. Sie hätte dann nur den Vorteil gehabt, dass sie zu ihren im Gefängnis einsitzenden Patienten nicht mehr so weit laufen müsste.
Lösung
In der ganzen Geschichte geht es doch um Trickdiebe oder, wie Mike es formuliert, um das „Vertrauensspiel“. Das wäre auch die Lösung gewesen. Maggie hätte den Spieß umdrehen und die Gangster nach Strich und Faden übers Ohr hauen müssen. Damit hätte sie auch zeigen können, dass sie eine gelehrige Schülerin ist. Dann hätte sie am Ende einen Grund gehabt, sich befreit zu fühlen, aber doch nicht als Mörderin.
Fazit
Leider verspielt „Haus der Spiele“ am Ende die meisten seiner angehäuften Chips.