Déjà Vu (Tony Scott) USA 2006

Schon in der brillanten Pretitle-Sequenz merkt man, dass hier Könner am Werk waren. In konzentrierten Einstellungen, teilweise in Zeitlupe, wird hier in einer kunstvollen Komposition die Katastrophe eingeläutet. Das gekonnte Opening erinnert an das von „Man on Fire“, ebenfalls Tony Scott. Auch sonst ist „Déjà Vu“ handwerklich exzellent gemacht. Kameraarbeit und Montage sind hervorragend. Der Film scheitert letztlich an seiner verquasten Science-Fiction-Action-Thriller-Geschichte und seinen überzogenen Ansprüchen. Hier geht es um die Rettung von nicht weniger als 580 ahnungslosen Passagieren, die ein Attentäter in die Luft sprengt. Also um das amerikanische Trauma 9/11. Zu allem Übel ist der Terrorist – politisch korrekt – auch noch ein Weißer. Bei solchen Entscheidungen treten dann, im Gegensatz zu den handwerklichen, die inhaltlichen Limitierungen der Gestalter zu Tage.

Story

New Orleans 1964. Bei einem Terroranschlag wird eine Fähre mit hunderten von Passagieren in die Luft gesprengt. ATF-Agent (hochqualifizierte Strafverfolgungsbeamte des Bureau of Alcohol, Tobacco, Firearms and Explosives – ATF), Doug Carlin (Denzel Washington) ermittelt im Auftrag der Staatsanwaltschaft. Den mysteriösen Fund einer Frauenleiche bringt er mit dem Anschlag in Verbindung und konzentriert sich fortan auf diese Spur. Kollegen vom FBI verfügen über ein modernes Überwachungssystem, mit dem sie in die Vergangenheit blicken können. So kommen sie dem Attentäter auf die Schliche. Nach dessen Festnahme ist der Fall für das FBI abgeschlossen, nicht aber für Doug. Der lässt sich nämlich mit dem Überwachungssystem in die Vergangenheit beamen. So kommt er Kontakt mit Claire, der „Frauenleiche“. Gemeinsam können sie im letzten Moment das Attentat verhindern.

Reduktion

Weniger ist mehr. Gute Geschichten sind immer einfach und konzentriert (s. TOP 20). Da geht es nicht um eine Masse von Menschenleben, um nationale Traumata, sondern um die Existenz und die Emotionen eines oder weniger Protagonisten. In „Man on Fire“ hat Tony Scott doch demonstriert wie’s gemacht wird: Da konzentriert er sich ganz auf die Beziehung des Helden zur 9-jährigen Pita und nach deren Entführung auf den Rachefeldzug. Eigentlich geht’s nur um die Freundschaft eines alkoholkranken Ex-Agenten zu einem rotzfrechen kleinen Mädchen. Mehr braucht man nicht. Im überfrachteten „Déjà Vu“ bleiben die Emotionen auf der Strecke. Dafür gibt es mehrere Gründe.

Schwächen

Alles sehr technisch hier. Ein erheblicher Anteil des Films spielt vor irgendwelchen riesigen Monitoren, auf denen wir in die Vergangenheit blicken können. Dadurch entsteht aber kein Kontakt zu den handelnden Personen und zum Zuschauer. Für eine emotionale Anteilnahme benötigen wir konflikthafte Interaktionen zwischen tauglichen Figuren. Insofern ist die Liebesgeschichte zwischen Doug und der attraktiven Claire äußerst schwach. Sie ist eine behauptete, eine oberflächliche und erschließt sich nicht aus den Begegnungen, Handlungen und Dialogen. Man erfährt auch viel zu wenig über beide (Backstory). Eigentlich haben sie gar keine Zeit, sich näher kennenzulernen. 

Des Weiteren ist der Science-Fiction-Anteil, also die Zeitreise mittels FBI-Überwachungssystem, schon arg konstruiert. Ist ja nicht so, dass die Zuschauer keine Phantasie haben, aber diesbezügliche Fähigkeiten werden schon arg strapaziert. In „Zurück in die Zukunft“ oder „Und täglich grüßt das Murmeltier“ gibt es originellere und glaubhaftere Zeitreisen. Auch Dougs Teilnahme an den FBI-Ermittlungen ist konstruiert und dazu noch spannungslos inszeniert. Die FBI-Agenten finden Doug nämlich ganz nett und klug, weshalb sie ihn einladen, mit ihnen auf ihr Überwachungssystem zu starren. Da ahnt man natürlich schon, dass diese Pappnasen den Fall ohne unseren Dougi auch nicht wuppen würden, was ja dann auch alles so passiert.

Lösung

Das muss man natürlich anders lösen, weniger langweilig, nämlich so: Der leitende FBI-Agent Andrew Pryzwarra (Val Kilmer) kann Doug auf den Tod nicht leiden, weil er ein Farbiger ist und dazu noch schlau. Geht gar nicht. Dieser Konflikt hätte bis zum Ende für Zunder sorgen können, vor allem wenn Andrew mitbekommen hätte, dass Doug sich heimlich auf Zeitreise begeben hat.

Fazit

Tony Scott war ein exzellenter Handwerker, der in „Déjà Vu“ mit einer völlig überladenen und abstrusen Geschichte untergeht.

7 Emojis zur Bewertung eines Spielfilms, hier 3 blaue Smileys und 4 schwarze traurige Gesichter für "Déjà Vu".

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