Die Vorzüge von „Rebel Ridge“ sind recht überschaubar. Die liegen zum einen in der Figur des ehemaligen Marines Terry Richmond begründet, der stets um Deeskalation bemüht ist. Das ist schon überraschend in einem US-amerikanischen Actionthriller, in dem korrupte Gesetzeshüter an den Falschen – oder besser an den Richtigen – geraten. Der zweite Pluspunkt ist die Behandlung eines klassischen Erzählmotivs, nämlich Rache. Aber dann: Die deutsche Synchronisation ist hölzern, die Story ziemlich wirr, konstruiert, voller Ungereimtheiten, vorhersehbar und zu allem Überfluss auch noch politisch korrekt.
Political correctness
Ist wunderbar, wenn sie denn nicht als gesellschaftlich sanktionierter Maulkorb missbraucht wird. In der Ideenentwicklung von Spielfilmen hat sie allerdings nichts verloren. Warum? Die Antwort steckt im zweiten Teil des Begriffes: „correctness“. Ihr haftet immer etwas Langweiliges an, was bekanntlich ein Verstoß gegen das oberste Gebot der Dramaturgie ist: KEINE LANGEWEILE! In „Rebel Ridge“ sind Gut und Böse von Anfang an klar verteilt: Der farbige Held, dem eine ganze Armada von weißen Polizisten und Juristen übel mitspielt. Eine Entwicklung dieser simplen Verhältnisse findet in „Rebel Ridge“ nicht statt. Insofern ist der Thriller auch überraschungsarm und vorhersehbar, bieder und langweilig.
Odd couple
Nahkampfspezialist Terry erinnert an Robert McCall in „The Equalizer“ von Antoine Fuqua, aber eben ohne die vielen Leichen, die dessen Weg pflastern. Ihm zur Seite steht die ehemals drogenabhängige Gerichtsangestellte Summer McBride (weiß). Die ist vom korrupten Richter eingestellt worden, quasi als willfährige Erfüllungsgehilfin. Aufkeimende Gewissensbisse lassen sie nach und nach die Fronten wechseln. Sie hilft dem ortsfremden Terry nach Kräften und umgekehrt. Auch das ist keine gute Entscheidung, denn ein Held sollte möglichst auf sich alleine gestellt sein. Wenn ihm ein Partner zugeteilt wird, dann sollte daraus ein Odd-Couple-Paar konfiguriert werden. Also, ein Duo, das durch äußere Umstände aneinander gefesselt ist und sich gegenseitig nervt. Das wäre ein Hindernis und würde Spannung generieren. Darum geht’s. Insgesamt sind beide keine tauglichen Helden. Dafür sind sie zu „gut“ und zu sehr Opfer übler Machenschaften, anstatt in sie verstrickt zu sein.
Korruption
Wieder sollen wir schlucken, dass die gesamte Polizeieinheit, hier der Kleinstadt „Shelby Springs“, einschließlich des örtlichen Richters durch und durch korrupt ist. Zeitlich ist der Film aber nicht in den 60er oder 70er Jahren des letzten Jahrhunderts angesiedelt, in denen Korruption Teile der US-amerikanische Polizeiorgane wie ein Krebsgeschwür befallen hatte, s.a. „Serpico“ von Sidney Lumet, „American Gangster“ von Ridley Scott oder „L.A. Confidential“ von Curtis Hanson. Alle diese Filme spielen aber in besagter Zeit und nicht in der Gegenwart wie „Rebel Ridge“. Damit wird die Glaubwürdigkeit und die Handlungslogik des Films aber fundamental attackiert.
Weitere Ungereimtheiten
Als Terry im Schlussdrittel des Films auf einer Landstraße von einem Polizeiposten gestoppt wird, der ihn liquidieren soll, kann er – bis auf ein paar Kratzer – auf wundersame Weise dem Kugelhagel entkommen. Spätestens jetzt wissen wir, dass unserem Helden nichts Schlimmes passieren wird. Das ist ganz amüsant, aber auch nicht glaubhaft oder spannend. Wenn die SD-Cards der Polizei-Dashcams belastendes Material sind, wieso werden sie dann im Keller des Gerichtsgebäudes aufbewahrt? Warum werden sie nicht sofort vernichtet? Ein Fehler, den Chief Sandy Burnne ja dann beim Showdown auch korrigiert.
Fazit
Leider bringt „Rebel Ridge“ das ihm innenwohnende Potenzial nicht zur Entfaltung.
