Eine Frau mit berauschenden Talenten (Jean-Paul Salomé) F 2019

„Eine Frau mit berauschenden Talenten“ von Jean-Paul Salomé ist eine über weite Strecken spannende und originelle Thrillerkomödie im Drogenmilieu, bis sie im letzten Drittel Opfer eigener Überfrachtungen wird.

Die Geschichte

Patience Portefeux (umwerfend: Isabelle Huppert), alleinerziehende Mutter zweier heranwachsender Töchter, arbeitet als Dolmetscherin im Drogendezernat der Kripo, mit dessen Chef Philippe sie seit einem Jahr liiert ist. Das Geld ist ständig knapp, zumal für ihre im Seniorenheim lebende Mutter hohe Kosten anfallen. Eine echte Hilfe ist die arabische Pflegerin Kadidja, die sich rührend um die Mutter kümmert. Bei einer Abhöraktion entdeckt Patience, dass Kadidjas Sohn in einen Drogenschmuggel größeren Ausmaßes verstrickt ist. Sie warnt Pflegerin und Sohn, der im letzten Moment die Ladung verstecken kann, aber dann von der Polizei festgenommen wird. Zusammen mit dem altersschwachen Drogenspürhund DNA kann Patience das Rauschgift schließlich in einem verlassen Trafohäuschen aufspüren. Als das Pflegeheim ausstehende Mietzahlungen verlangt, schlüpft Patience in die Rolle einer Drogendealerin. Als „Madame Hasch“ liefert sie sich ein Katz-und-Maus-Spiel mit Gangstern und Polizei.

Stärken

Der Film punktet mit seinen originellen Figuren, die allesamt hervorragend besetzt sind. Das Personal im Pflegeheim agiert genauso stimmig wie die trotteligen Dealer oder die Gangster des arabischen Clans. In den Dialogen geht es zur Sache: „Was kostet dieser Plastikscheiß von unterbezahlten Chinesen?“, fragt Patience, nachdem sie einen Spielzeug-Dinosaurier an der Kasse eines Museums hat mitgehen lassen. Häufig sind die Dialoge unkorrekt, eben so wie manchmal auch geredet wird: „ … ich bin dermaßen angekotzt.“ Das Erzähltempo ist rasant und vor allem – genau – gibt es Suspense, heißt: Wir wissen um Patiences Doppelspiel, nicht aber die anderen. Dieser Informationsvorsprung erzeugt in erster Linie die Spannung.

Schwächen

Weniger wäre mehr gewesen. Der Nebenerzählstrang mit der chinesischen Hausverwalterin Collette Fo ist völlig überzogen. Die blutige Schießerei bei der Hochzeit ihrer Tochter passt überhaupt nicht zum eher gewaltarmen Grundtenor der Thrillerkomödie. Das Ableben der beiden Cherkaoui-Brüder würde das Problem auch nicht lösen, denn der Clan umfasst ja eine Vielzahl von Gangstern, die nun erst recht zur Jagd blasen würden. Aus der verbleibenden Restmenge an Rauschgift in Höhe von knapp 500 Kilogramm (bei einer Gesamtmenge von 1.500) resultiert eine Verkaufsmenge von einer Tonne. Das erscheint dann doch reichlich unwahrscheinlich, zumal Patience im Verlauf ihrer Dealerkarriere ja eine neue Strategie proklamiert hat: „Winzige Mengen, um keinen Verdacht zu wecken“. Dass dieser Handel dann in einem Supermarkt mit Videoüberwachung abgewickelt wird, ist schon etwas verwunderlich. Damit hat Philippe ja am Ende endgültig den Beweis ihrer Täterschaft.

Weitere Ungereimtheiten

Wenn Patiences Stimme im Beisein der anderen Drogenfahnder bei den abgehörten Telefonaten in ihrer Rolle als „Madame Hasch“ ertönt, dann ist es schon erstaunlich, dass niemand ihre Stimme erkennt. Hier hätte ein Stimmenverzerrer für Abhilfe sorgen können. Woher wissen die Cherkaoui-Brüder, wo Patience wohnt? Selbst wenn sie das Hochhaus kennen würden, in dem sie lebt, wüssten sie damit noch lange nicht ihren Nachnamen und ihr Apartment. Was genau hat ihr krimineller Ex-Mann früher getrieben? Was waren das für Schulden, die er angehäuft hat und bei wem? Was soll diese Schlussszene am See? Welche Bedeutung hat sie?

Lösungen

Ganz einfach. Den überzogenen Nebenerzählstrang mit der chinesischen Hausverwalterin, einschließlich der Schießerei, einfach streichen. Das Ende hätte man besser wie folgt gestalten sollen: Patience sucht aus guten Gründen den Ausstieg aus dem Drogenhandel und verfrachtet den verbliebenen Stoff in einen Transporter. Eine SMS informiert den Cherkaoui-Clan über den neuen Übergabeort. Der Transporter könnte einfach auf einem Parkplatz abgestellt sein. Die Nachricht wird von der Polizei abgehört, alle Drogendealer in flagranti ertappt. Im Besitz einer derartigen Menge würde sie das mindestens 10 bis 15 Jahre hinter Gitter bringen. Außerdem würden die Drogen konfisziert und vernichtet werden, Philippe hätte einen Erfolg und ein zusätzliches Motiv gehabt, belastendes Videomaterial zu löschen. Erst dann wäre die Geschichte wirklich zu Ende gewesen. So ist das nicht befriedigend.

Fazit

Insgesamt ist „Eine Frau mit berauschenden Talenten“ eine kurzweilige und vergnügliche Thrillerkomödie, wobei Schwächen im Schlussdrittel den positiven Gesamteindruck etwas schmälern.

7 Emojis zur Bewertung eines Spielfilms, hier 4 blaue Smileys und 3 schwarze traurige Gesichter für "Eine Frau mit berauschenden Talenten".

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