Mit „Last Man Standing“ ist Walter Hill ein fulminantes Remake von Akira Kurosawas „Yojimbo“ gelungen. Er transformiert das actionreiche Geschehen in das texanische Wüstenkaff Jericho, in die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts, zu Zeiten der Prohibition. Beide Stoffe beruhen auf Dashiell Hammetts Erstlingswerk „Rote Ernte“ aus dem Jahr 1929, auch wenn Kurosawa das Zeit seines Lebens bestritten hat. Walter Hill hat weniger Probleme, seine Vorbilder kenntlich zu machen. Die düstere Erzählerstimme scheint immer wieder Passagen aus Hammetts Roman zu zitieren und verleiht dem Thriller eine literarische Note. Der Erzähler trägt auch entscheidend zum Verständnis der komplexen Geschichte bei. Kein Wirrwarr wie in Kurosawas Vorlage, sondern Konzentration auf das Potenzial und dessen Entfaltung.
Machart
Die Aufnahmen sind in sepiafarbenen, gelblichen Tönen eingefangen, wodurch die flirrende Hitze förmlich spürbar wird. „Last Man Standing“ ist stilisiert, überzeichnet wie ein Underground-Comic. Die formale Gestaltung passt zum Plot. Hier geht es ja nicht um True Crimes. Das verdeutlichen auch die Schießereien, bei denen die Gangster schon mal in Zeitlupe einen Meter durch die Luft fliegen und ein dutzend Schüsse benötigen, bevor sie endlich mausetot im Staub liegen. Die Schauspieler sind hervorragend besetzt. Eigentlich spielt Bruce Willis hier eine Die-Hard-Variante. Christopher Walken als Hickey, Bruce Dern als Sheriff, William Sanderson als Joe Monday und vor allem David Patrick Kelly als irischer Gangsterboss Doyle stehen ihm in Nichts nach. Die Filmmusik von Ry Cooder ist genial. Die Dialoge sind pointiert und cool. Hickey: Du wirst doch einen Mann nicht von hinten erschießen?!“ John Smith: „Ich hab schon Schlimmeres getan“. Das war’s dann für Hickey.
Der Held
An der Ambivalenz des Protagonisten hat Walter Hill wohlweislich nichts geändert. Im Gegenteil. Er hat sie eigentlich noch weiter entwickelt. Auch dazu leistet der Ich-Erzähler entscheidenden Beitrag. Am Anfang hören wir den Helden, der sich John Smith nennt, über Entscheidungen sinnieren, die man im Leben zu treffen hat. „Dass man vor sich bestehen kann“, ist die Quintessenz seiner Überlegungen. Das sagt viel über ihn aus. John Smith gibt sich unmoralisch, rettet aber drei malträtierte Frauen aus den Fängen der Gangsterbanden. Er gibt sich raffgierig, steckt den Frauen aber sein gesamtes Geld zu. Er behauptet, kein Gewissen zu haben, rettet aber Saloonbesitzer Joe unter Einsatz seines Lebens. Er behauptet, immer auf dem Sprung zu sein, bleibt aber im Wüstenkaff bis auch die letzten Gangster das Zeitliche gesegnet haben.
Identifikation
John Smith macht es einem zwar nicht einfach, aber man kann irgendwann mit ihm sympathisieren, weil er im Grunde einen guten Kern hat. Auch sein ausgeprägter Gerechtigkeitssinn trägt dazu bei. Als Lucy, die Mätresse von Gangsterboss Strozzy, ihm ihre Misshandlungen zeigt, hat John Smith alle Mühe, sich zu beherrschen. Nein, er wird sich die Täter nicht sofort vorknöpfen. Er macht es cleverer, indem er die verfeindeten Banden aufeinander hetzt. John Smith ist kein Superheld, auch das schafft Identifikation. Als er für einen Augenblick unachtsam ist, wird er von Doyles Leuten halb tot geprügelt. Beim Showdown fängt er sich noch eine Kugel ein. Auch wenn diese Schusswunde nicht lebensgefährlich ist, nimmt uns seine Verwundbarkeit doch für ihn ein. Der Film wird komplett aus der Perspektive des Helden erzählt. Es gibt kaum eine Szene, in der er nicht präsent ist. Auch das verstärkt die Nähe.
Fazit
„Last Man Standing“ bietet fokussierte 97 Minuten eine hardboiled Genremixtur aus Gangsterthriller, Action, Western und Drama. Perfektes Unterhaltungskino!
