Immerhin gibt es in „The Guilty“ das Bemühen um einen Spannungsaufbau und keine Überlänge. Das ist das Positive. Ansonsten ist es ein Stelldichein von Psychopathen, die zu keiner Zeit Emotionen erzeugen. Das Geflenne von Officer Joe Baylor (Jake Gyllenhaal) im Finale überträgt sich leider nicht. Umgekehrt wäre es besser gewesen. Also emotionale Reduktion im Schauspiel, berührte Zuschauer. Woran liegt’s?
Remakes
Antoine Fuqua und Drehbuchautor Nic Pizzolatto sind versierte Handwerker. Das haben sie u.a. mit der 1. Staffel von „True Detective“ unter Beweis gestellt (s.a. „Tränen der Sonne“). Warum sich professionelle Filmemacher und gute Schauspieler wie Jake Gyllenhaal (s. „Nightcrawler“) an diesem defätistischen Unfug beteiligen, bleibt ihr Geheimnis. Die Vorlage des Dänen Gustav Möller ist für eine (Wieder-)Verfilmung völlig ungeeignet. Das liegt nicht nur an den quälenden „Ereignissen“ in einer Einsatzleitstelle des LAPD.
Psychopathen
Joe Baylor, der getrennt von Frau und Tochter lebt, kommt um 2 Uhr Nachts auf die Idee, seine Ex-Frau aus dem Bett zu klingeln, um mit seiner kleinen Tochter zu sprechen. Anstatt ihm die Leviten zu lesen, unterhält sie sich auch noch mit ihm. Klar, einem Psychopathen sollte man gut zureden, sonst kommt er womöglich auf noch abstrusere Ideen. Mit seinem Arbeitskollegen will Joe mal ein Bier trinken gehen, aber nur um an Informationen zu gelangen. Auch in „Nightcrawler“ spielt Jake Gyllenhaal einen Psychopathen, aber einen interessanten, einen faszinierenden. Das ist der Unterschied.
Kammerspiel
Ein weiterer gravierender Fehler ist die Ansiedlung der gesamten Handlung in einer Notrufzentrale. Durch die fehlenden Interaktionen erfahren wir von den anderen Personen einfach zu wenig. Hinzu kommt, dass ihre Stimmen am Telefon teilweise schwer verständlich sind. Vor allem wird damit aber die Möglichkeit verschenkt, Suspense aufzubauen. Bis auf seine dunkle Vorgeschichte wissen wir immer so viel oder so wenig wie Joe. Besser wäre aber ein Informationsvorsprung gewesen, um Spannung zu generieren. In „The Call – Leg nicht auf!“ demonstriert Brad Anderson, gerade durch die alternierenden Szenenwechsel, wie die Spannung auf die Spitze getrieben werden kann.
Gefahren
Joe hat eine dunkle Vergangenheit und wir ahnen, dass ihn dieser nächtliche Notruf läutern soll, was ja dann auch eintritt. Vorhersehbarkeit ist aber immer langweilig. Gefahren entstehen für Joe ansonsten keine. Eigentlich liegt das Spannungspotenzial in der Ankündigung der Psychopathin Emily, zu ihrer 6-jährigen Tochter Abby zurückzukehren. Da liegt die tödliche Gefahr, aber doch nicht in ihrer Drohung, von einer Brücke zu springen und schon gar nicht bei Joe. Daran ändert auch sein abgeschmacktes Schuldeingeständnis am Ende nichts. Katastrophenfilmer Louis Bloom aus „Nightcrawler“ zeigt am Ende, nachdem er seinen Partner zum „Wohle“ der Einschaltquoten geopfert hat, keine Reue.
Fazit
„The Guilty“ ist verlorene Lebenszeit. Selber schuld, wenn Ihr Euch diesen Film anschaut.