„Unterwegs nach Cold Mountain“ ist ein bildgewaltige Melodrama, das zur Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs spielt. Es hat ein klassisches Erzählmotiv: „Die unmögliche Liebe“. Zum Glück hält Regisseur Anthony Minghella, ein erwiesener Experte für Schmachtfetzen („Der englische Patient“), sich eng an die exzellente Romanvorlage von Charles Frazier. Im Buch sind die Lebensumstände zu Zeiten des Sezessionskriegs, die Überlebenskämpfe in der Natur, die Überlebenskämpfe an und hinter der Front, die Landschaft, der Zusammenhalt der zu Hause gebliebenen Frauen hervorragend recherchiert und beschrieben. Minghella tut gut daran, sich sozusagen als Dienstleister der Vorlage zu begreifen. Die grandiosen Landschaftsaufnahmen stehen im Kontrast zum Grauen des Krieges und verdeutlichen seine Absurdität. Letztlich verschont er niemanden und er verroht die Menschen.
Die Figuren
Nicole Kidman spielt ihre Rolle der Ada in den Begegnungen mit ihrem Geliebten Inman mit einer Mischung aus distinguierter Schüchternheit und unterdrückter Begierde. Das macht sie brillant. Ihre Deplatziertheit als gebildete Pfarrerstochter in der rauen Bergregion von North Carolina passt perfekt. Ihr Geliebter Inman (Jude Law) agiert eher ausdruckslos, was ja nicht schlecht sein muss (s. Kuleshow-Effekt). Aber wenn Inman und Ada am Schluss eine Liebesnacht verbringen und Inman wiederholt säuselt „Ich will Dich heiraten“, dann ist das einfach nur peinlich und auch nicht glaubhaft. Besser wäre es, wenn Inman halb verhungert auf dem Bettlager dahindämmern würde. Die Heiratswünsche müssten – wenn überhaupt – von Ada geäußert werden und Inman müsste stammeln, dass er nicht mehr der ist, den sie kennt. Das wäre ein Konflikt und Ada hätte alle Hände voll zu tun, ihn aus seiner Depression zu holen.
Schwachpunkte
Ein Schwachpunkt ist die Besetzung der Ruby durch Renée Zellweger. Die kann dem bodenständigen, rotzfrechen afroamerikanischen Bauernmädchens des Romans nicht annähernd das Wasser reichen. Im Grunde ist ihre Wahl ziemlich daneben. Bezeichnenderweise hat ausgerechnet diese Nebenrolle den einzigen Oscar für den Film gewonnen.
Irgendwie wollen sich die Emotionen bei diesem Melodrama nicht so recht einstellen. Das liegt an der Struktur der Liebesgeschichte. Ada und Inman blieb nur Zeit für einen Kuss bis der Bürgerkrieg sie trennte. Von diesem Moment an driften sie in alternierenden Handlungssträngen aufeinander zu. Als sie sich am Ende finden, bleibt ihnen nur eine Liebesnacht. Dann das Drama: Inman wird beim Feuergefecht mit der Heimatbrigade tödlich getroffen. Also, es fehlen die Interaktionen zwischen den Liebenden. Ihre Begegnungen waren bis zum Ende viel zu flüchtig, um sagen zu können: Das ist jetzt die Liebe meines Lebens. Es geht Ada und Inman um die Vorstellung von einer tiefen Liebe, wie sie eben in den gegenseitigen Briefen zum Ausdruck kommt.
Die unmögliche Liebe
„Die Brücken am Fluss“, dem Prototyp einer „Unmöglichen Liebe“, lebt von intensiven Begegnungen der Protagonisten bis sie am Ende getrennt werden. Also, sozusagen die umgekehrte Erzählstruktur. Das ist der Punkt. In Eastwoods Meisterwerk wissen wir: Es ist die eine magische Begegnung im Leben zweier Menschen. In „Cold Mountain“ könnte es sich entwickeln, aber letztlich wird es nur behauptet. Deshalb die fehlende Dramatik. Inmans Tod nimmt uns am Ende weniger mit als Robert Kincaids (Protagonist in „Die Brücken am Fluss“) Davonfahren in seinem Pick-up.
Roman vs. Verfilmung
Die Mehrfachperspektive in „Cold Mountain“ trägt natürlich auch nicht zur Anteilnahme bei. Ein weiterer Punkt ist die unterschiedliche DNA von Romanen und Filmen. Was im einen Medium wunderbar funktioniert, lässt sich nicht so einfach übertragen. Im Roman sind die Beschreibungen vom Überlebenskampf der Menschen, der Landschaft, der Natur einfach faszinierend. Sie sind das Resultat jahrelanger Recherchen und beamen einen sozusagen in diese unwirtliche Zeit. Leider überträgt sich die Qualität dieser literarischen Beschreibungen bei einer Verfilmung nicht. Ein funktionierender Spielfilm sollte sich auf konfliktreiche Geschichten zwischen Menschen konzentrieren. Das ist seine Domäne.
Finale
Das Ende dieses Films ist ein Stückchen Hoffnung, aber nicht mehr. Keineswegs ein Happy End wie DER SPIEGEL behauptet. Denn die Liebesgeschichte endet tragisch und wird Ada ihr ganzes Leben nicht mehr loslassen. Die Zeit heilt eben nicht alle Wunden.