
Was ist das?
Frei übersetzt: Dramaturgie ist die Wissenschaft von der Kunst eine Geschichte spannend zu strukturieren. Oder: Das Gegenteil von Langeweile!

Bausteine der Dramaturgie
Welche Zutaten benötigt man nun für einen kunstvollen Spannungsaufbau?
Die dramaturgische Kardinalregel ist folgende: Was ist in der jeweiligen Spielanordnung das Schlimmstmögliche für den/die Protagonisten?
Backstory
Ereignisse in der Vergangenheit, die den Zuschauer produktiv irritieren und deren Geheimnisse gelüftet werden wollen. Der Zuschauer als Detektiv.
Beispiel: In Roman Polanskis „Der Tod und das Mädchen“ umfasst die Vorgeschichte eine Zeitspanne von über 20 Jahren. Der Film beginnt in der Nacht vor seinem Ende und verarbeitet die Ereignisse der Backstory.
„Ein Stück sollte so nah vor dem Ende seiner Story wie möglich beginnen. Das ist ein altes Gesetz der Dramatik.“ Patricia Highsmith*
Hook
Ein in der Exposition ausgeworfener Angelhaken, der den Zuschauer ködert.
Beispiel: In Akira Kurosawas „Die sieben Samurai“ spioniert eine Räuberbande ein Bauerndorf aus. Sie verschieben ihren Überfall bis die Ernte eingefahren ist. Das erscheint ihnen lukrativer. Jetzt hängt der Zuschauer am Haken. Er will wissen, wie’s weitergeht.
Konflikte
Sinnvoll ist die Anhäufung äußerer und innerer Konflikte. Was niemand im Leben braucht, benötigen wir in einer Filmerzählung: Streit und Konflikte. Warum? Könnte sonst langweilig werden.
Beispiel: In Sidney Lumets genialem Thrillerdrama „Tödliche Entscheidung“ türmen sich die Konflikte für den Helden zu einem schier unüberwindbaren Bollwerk auf.
„Das Geheimnis guter Drehbücher ist sehr einfach: Zwei Hunde, ein Knochen.“ Ben Hecht (US-amerikanischer Drehbuchautor)
Schwierigkeiten
Der Protagonist benötigt alle erdenklichen Formen von Hindernissen, Problemen, Misserfolgen, Peinlichkeiten, Beleidigungen, Demütigungen, Intrigen, Fallen, Qualen, Schäden oder auch Ängste. Isolation ist besser als ein Haufen hilfreicher Freunde. Die Überschreitung von Verboten, das Auftauchen von Abgründen verspricht Gefahr.
Beispiel: Im Western „The Revenant“ steht der lebensgefährlich verletzte Held in feindlicher Umgebung vor schier unlösbaren Schwierigkeiten. Er muss quasi durch die Hölle gehen, um den Mörder seines Sohnes zur Rechenschaft zu ziehen.
„Die Verbesserung oder Verdichtung des Plots besteht in der Anhäufung von Komplikationen für den Helden und vielleicht auch für seine Gegner.“ Patricia Highsmith*
Gefahren
Schickt Eure(n) Helden in die Höhle des Löwen!
Beispiel: In Rob Reiners „Misery“ gerät der Schriftsteller Paul Sheldon in die Fänge einer Psychopathin und damit in Lebensgefahr.
Einsatz / Fallhöhe
Was steht auf dem Spiel? Was ist die Höhe des Einsatzes? Welche existenziellen Entscheidungen müssen getroffen werden? Was sind die Konsequenzen, etwas zu tun oder zu unterlassen? Wenn es um nichts oder wenig geht, warum sollte sich dann jemand dafür interessieren? Dabei kann die existenzielle Bedrohung durch den Verlust eines Fahrrads („Fahrraddiebe“) spannender sein als die durch einen Serienkiller.
Druck
Durch Bedrohung, ein Ultimatum, Unrecht oder Aussichtslosigkeit für den Protagonisten entsteht Gefahr. Auch ein zeitlicher Druck (Deadline) kann zusätzlich Spannung generieren.
Beispiel: In Clint Eastwoods „Die Brücken am Fluss“ verbleiben dem Protagonisten ganze vier Tage mit der Liebe seines Lebens, bevor ihr Ehemann zurückkehrt.
„Das hohe Drama … tritt am heftigsten zu Tage, wenn die Handlung in Widerspruch zum Wollen gerät: Wenn ein Vater seinen Sohn opfern muss, zwei Liebende sich vernichten müssen.“ Gottfried Müller*
Überraschungen
Jeder Zuschauer hat hunderte, tausende von Filmen im Kopf, also eine Erwartungshaltung. Wird diese andauernd bestätigt, wird’s langweilig. Was wir brauchen, ist exakt das Gegenteil, nämlich Überraschungen.
Beispiel: Steven Spielberg zelebriert sie in „Catch me if you can„.
„Die Überraschung, dass immer etwas anderes kommt, als man gerade erwartet, ist der beste Motor im Vorwärtsjagen der Handlung.“ Gottfried Müller*
Wendungen
Eine Geschichte plausibel in andere Richtungen zu treiben, kann nie verkehrt sein. Es könnte ja sonst langweilig werden. Also eine emotionale Achterbahnfahrt: Himmelhochjauchzend – zu Tode betrübt.
Beispiel: In der Tragikomödie „The Holdovers“ hält Regisseur Alexander Payne jede Mende glaubhafter Wendungen für seine Protagonisten parat.
„Das Ideal ist eine unerwartete Wendung im Geschehen, die einigermaßen zum Charakter der Hauptfiguren passt.“ Patricia Highsmith*
Höhepunkte
Dramatische Ereignisse. Je mehr, umso besser.
Beispiel: In „Sein oder Nichtsein“ von Ernst Lubitsch jagt ein Höhepunkt den nächsten. Ein Höhepunkt-Festival.
Eskalation
Die Anhäufung und Zuspitzung dramatischer Ereignisse.
Beispiel: In „Juror #2“ eskaliert Clint Eastwood die Konflikte für den Helden auf vorbildliche Weise. Nach und nach zieht sich die Schlinge um seinen Hals. Mehr geht nicht.
Krise
Eskalation der Konflikte vor dem Höhepunkt der Geschichte – der Gipfel der Aussichtslosigkeit für den Helden.
Beispiel: In Frank Darabonts „Die Verurteilten“ ist der unschuldig verurteilte Andy nach Jahren im Gefängnis in einer schier aussichtslosen Lage. Ein Strick scheint der einzige Ausweg.
Showdown
Finaler Höhepunkt, der die Geschichte erzählerisch auflöst.
Beispiel: Im genialen Showdown von Clint Eastwoods „Gran Torino“ opfert sich der Held und schafft damit die einzig mögliche Lösung in dieser Spielanordnung.
Pointe
Ein überraschender, häufig ironischer Höhepunkt zum Schluss eines Films, sozusagen eine Höhepunkt-Zugabe.
Beispiel: In „Headhunters“ von Morten Tyldum gibt es eine sehr schöne, ironische Schlusspointe, als der Held erfährt, dass seine ganzen Anstrengungen eigentlich für die Katz waren.
Geheimnisse
Sie animieren den Zuschauer zum Mitdenken, zum Nachdenken, zum Detektivspielen. Das Bedürfnis, einer Sache auf den Grund zu gehen, ist spannender als Erklärungen zu bekommen.
Beispiel: In „Dolores Claiborne“ von Taylor Hackford hütet die gleichnamige Haushälterin ein dunkles Geheimnis, das nach und nach zum Vorschein kommt.
„Jeder gute Film ist mit Geheimnissen gefüllt“ (Ernst Lubitsch).
Produktive Irritationen
Dabei handelt es sich um ungewöhnliche, auch überraschende Aktionen, Verhaltensweisen, Ereignisse, Dialoge usw., für die – das ahnt der Zuschauer – es eine Erklärung gibt. Diese Irritationen erzeugen Fragen, die beantwortet werden wollen. Das zieht den Zuschauer ins Geschehen. Anders ausgedrückt: Produktive Irritationen erzeugen Spannung. Gegen Ende sollten aber möglichst alle angesammelten Fragen beantwortet sein.
Beispiel: In „Sicario“ von Denis Villeneuve stößt die FBI-Agentin Kate zu einer Anti-Drogen-Spezialeinheit, deren Mitglieder sich teilweise sehr merkwürdig verhalten. Man spürt, dass es dafür Gründe gibt und will sie erfahren. Das schafft Spannung.
Kontrastierung
Eine Technik zur Verdeutlichung mit hohem Konfliktpotenzial.
Beispiel: In „Der Hund, der Herr Bozzi hieß“ kontrastiert Ladislao Vajda die Figur des einzelgängerischen, profitorientierten Rechtsanwalt Dr. Bozzi mit dem quirligen, teils sorgenvollen Miteinander seiner eher armen Mieter. Durch die Kontrastierung wird die Wirkung intensiviert.
„Ein anderes Gesetz der Dramatik ist das der Kontraste: Die Gegenspieler müssen gegenteilige Charaktere sein. Mehr als das, die Milieus der Gegenspieler müssen womöglich auf geradezu peinliche Weise nicht zueinander passen.“ Gottfried Müller*
Verdichtung
Die Vermeidung jeglicher Redundanz durch Fragmentierungen, Ellipsen, Zusammenfassungen oder Streichungen von Szenen. Konzentration und temporale Kompression bei größtmöglicher Logik der Handlung.
Beispiel: Martin Scorseses „Casino“ ist dermaßen verdichtet und rasant erzählt, dass es ein hohes Maß an Aufmerksamkeit erfordert, der rasanten Handlung zu folgen. Nichts, aber auch gar nichts ist hier überflüssig.
Ibsensche Enthüllungsdramaturgie
Synchronisation des Informationsflusses von Protagonisten und Zuschauer. Bei Krimis: das Whodunit.
Beispiel: In Roman Polanskis „Chinatown“ weiß der Zuschauer stets genau so viel wie Privatdetektiv Gittes. Er schlüpft mit ihm in die Rolle des Ermittlers.
Alfred Hitchcock hatte Zeit seines Schaffens Vorbehalte gegen diese Form der Rätselspiele. Er war ein Anhänger des Suspense.
Suspense I
Kaspertheather. Kasper hockt vorne an der Bühne und schaut zu den Kindern (Publikum). Im Hintergrund, ohne dass er es sehen kann, nähert sich ein Krokodil. Die Kinder schreien. Kasper kann sie im Lärm nicht verstehen: „Was habt Ihr gesagt?“ Das Krokodil kommt langsam näher. Die Kinder schreien noch lauter. Kasper beugt sich vor, um etwas verstehen zu können. Das Krokodil öffnet sein riesiges Maul. Die Kinder brüllen. Kasper ist immer noch verständnislos. Das Krokodil ist drauf und dran, Kasper zu verschlingen (Retardierung). Das Geschrei der Kinder erreicht seinen Höhepunkt. Im letzten Moment (Last Minute Rescue) dreht Kasper sich um und schlägt das Krokodil mit seiner Klatsche k.o. Der Informationsvorsprung der Zuschauer gegenüber dem Protagonisten sorgt für dieses hohe Maß an Anteilnahme. Das ist Suspense!
Suspense II
Alfred Hitchcock* erklärt hier den Unterschied zwischen Überraschung und Suspense:
„Wir reden miteinander, vielleicht ist eine Bombe unter dem Tisch, und wir haben eine ganz gewöhnliche Unterhaltung, nichts besonderes passiert, und plötzlich, bumm, eine Explosion. Das Publikum ist überrascht, aber die Szene davor war ganz gewöhnlich, ganz uninteressant. Schauen wir uns jetzt den Suspense an. Die Bombe ist unter dem Tisch, und das Publikum weiß es. Nehmen wir an, weil es gesehen hat, wie der Anarchist sie da hingelegt hat. Das Publikum weiß, dass die Bombe um ein Uhr explodieren wird, und jetzt ist es 12:55 Uhr – man sieht eine Uhr. Dieselbe unverfängliche Unterhaltung wird plötzlich interessant, weil das Publikum an der Szene teilnimmt. Es möchte den Leuten auf der Leinwand zurufen: Reden Sie nicht über so banale Dinge, unter dem Tisch ist eine Bombe, und gleich wird sie explodieren! Im ersten Fall hat das Publikum 15 Sekunden Überraschung beim Explodieren der Bombe. Im zweiten Fall bieten wir ihm fünf Minuten Suspense. Daraus folgt, dass das Publikum informiert werden muss, wann immer es möglich ist.“
Suspense III
Denis Diderot in „De la poésie dramatique“:
„Wenn auch die Personen unwissend sind, der Zuschauer muss unterrichtet sein. Denn wenn der Zustand der Personen dem Zuschauer unbekannt ist, hat er nicht mehr Interesse als die Personen. Es wird aber verdoppelt, wenn er genügend unterrichtet ist und wenn er fühlt, dass die Personen anders handeln würden, wenn auch sie informiert wären. Dadurch entsteht Spannung.“
Suspense IV
Gotthold Ephraim Lessing in „Hamburgische Dramaturgie“:
„Überrasche deine Personen, so viel du willst, aber gefälligst nicht uns, die Zuschauer!“
TECHNIKEN DES DRAMATISIERENS
(Dr. Karl-Dietmar Möller-Naß)
1. Dramatisieren der Story
1.1 Konflikt, Hindernis, Problem und Druck
Verstärkung des Konflikts bzw. der Konflikte
a) Steigerung der Konflikte, nicht Multiplikation! Denn jeder Konflikt bedeutet einen Handlungsbogen, der beendet werden muss.
b) Steigerung der Konflikte unter anderem durch integrierte Subplots (d.h.: die Subplots laufen nicht unabhängig neben dem Hauptplot her, sondern sind integriert und verstärken die Probleme des Helden)
c) Äußere und innere Konflikte – innere Konflikte am besten bis zum positiven oder (besser noch) negativen Dilemma (Problem) steigern.
Multiplikation und Steigerung der Hindernisse
a) Hindernisse können im Gegensatz zu Konflikten multipliziert werden
b) Hindernisse werden gesteigert durch das Maß des Problems, das ihre Beseitigung bedeutet
c) Hindernisse können Sublots ermöglichen, die so etwas wie narrative Umwege sind (vgl. Plottechniken des Märchens)
d) Hindernisse können Resultate von defensiven oder offensiven Handlungen des Gegners sein
e) Hindernisse extremer Art: Fallen bzw. Trapped-Man-Situations
f) Handicaps als Hindernisse – denke nicht nur an körperliche Handicaps, sondern auch an situativ/soziale und moralische Handicaps.
Steigerung des Drucks
a) Deontische Kategorien: Wollen/nicht wollen; sollen/nicht sollen; dürfen/nicht dürfen; müssen/nicht müssen; können/nicht können …; am besten: müssen/nicht wollen, eigentlich nicht können, nicht sollen, womöglich nicht dürfen!
b) Fallhöhe (Worum geht es? Am besten um das Leben, die Zukunft, das Glück) und Risikobereitschaft der Charaktere.
1.2 Wissen, Glauben, Lügen, Täuschen, Intrigieren
Multiperspektivisches Erzählen – verschiedene Versionen desselben Geschehens
a) Unterschiedliches Wissen der Figuren von dem, was geschieht – verschiedene Wahrnehmungen, verschiedene Interpretationen, verschiedene Reaktionen usw. Wer weiß was/was nicht? Wer kennt wen/wen nicht? Wer glaubt was/was nicht?
b) Verschiedenes Verstehen („Szene für eine Figur“) bedingt durch:
– unterschiedliche Bilder von sich selbst, von anderen, von der Situation usw.
– Irrtümer
– Lügen, Täuschungen und Intrigen von anderen
– Notwendigkeit von Täuschungen anderer (Held ist gezwungen, zu täuschen, zu tricksen oder zu intrigieren).
Erzählte Backstory
a) Backstory als Vorgeschichte der Hauptgeschichte (z.B. bei Rache-Geschichten), die dem Zuschauer bekannt sein muss, wenn er die Hauptgeschichte verstehen soll
b) Extrem fragmentierte und verrätselte Backstory, die erst später (und zumeist) überraschend präzisiert wird.
Nicht erzählte Backstory
a) Persönliche Backstory als Geheimnis („enigmatische“ Backstory)
b) Backstory als das aufzuklärende Geheimnis (z.B. Detektivgeschichten – Aufklärung eines Falles, ebenfalls „enigmatisch“)
c) Vorgeschichte ist allen (fast allen) Figuren mehr oder weniger bekannt und wird als bekannt vorausgesetzt – oder von allen verschwiegen, ist aber dem Zuschauer unbekannt und mehr oder weniger rätselhaft.
Kompression, Emphase und Entbanalisierung
a) (Multi-)funktionalität von Handlungen und Äußerungen (semantische Verdichtung: nichts ist ohne Bedeutung, alles hat – anders als im „richtigen“ Leben – eine Funktion
b) Temporale Kompression bei größtmöglicher Logik der Handlung: „Drive“. Beschäftige den Zuschauer kurz unter der Schwelle des „Input Overflow“; nutze dazu Techniken filmischen Erzählens wie Ellipse, Transition („Flow“) und Punktuierung
c) Hebe alle Elemente der Handlung, des Dialogs usw., die von großer Bedeutung sind, angemessen hervor („Emphase“ durch dramatische Dehnung der Handlung oder auch durch filmische Mittel, von der Großaufnahme bis zur Zeitlupe)
d) Filme sind intensiviertes Leben – nur sollte man nicht zu Übertreibungen greifen, es gibt auch subtile Formen der Steigerung bzw. Intensivierung.
Vorwissen des Zuschauers
Berücksichtige bzw. nutze das aus dem Titel, dem Plakat und vor allem aus Verleih- oder Sendematerialien sowie Kritiken geprägte Vorwissen des Zuschauers. Mach kein Geheimnis aus dem, was er zwangsläufig schon frühzeitig erfahren wird.
2. Dramatisieren durch Erzähltechniken (Erzählstrategien)
Multiperspektivisches Erzählen – verschiedene Versionen derselben Geschichte
a) Perspektive des Zuschauers – an wessen Wahrnehmung, Wissen (z.B. auch Backstory), Denken, Emotionen hat er teil (Fokalisierung auf etwas; wie eine Figur; mit einer Figur) – Technik der Synchronisation der Wahrnehmung usw. von Zuschauer und (Haupt)-Figur – Mitempfinden, Mitfühlen / Empathie – Identifikation
b) Perspektive des Zuschauers – Wann weiß er weniger als eine Figur – genau so viel – mehr als sie? Welche Konsequenzen hat dieses Wissen (Erwartungen, Spannung, Emotion, Überraschung usw.)?
Steigerung der Emotion
a) durch Sympathie für die Figur
b) durch Nachvollziehbarkeit von Handlungslogik und Motivation.
Techniken der Aktivierung des Zuschauers – der Zuschauer als Detektiv
a) Redundanzbeseitigung (von „negativer“ Redundanz: nichts wiederholen, wenn es nicht sehr gute Gründe dafür gibt); typische Situationen: Auftrag – Durchführung; Plan – Ausführung; Frage – Antwort usw.
b) Provokation von Fragen führt zu Hypothesen des Zuschauers, zu geschärfter Beobachtung und Sensibilisierung für Indizien, Subtext von Dialogen und Handlungen usw. Also eher erzählen mit folgenden Mitteln:
– eher indirekt als direkt (Indizien, Zeichen, Reaktionen)
– eher implizit als explizit (Dialog & Subtext: Implikationen, Konnotationen, Präsuppositionen)
– eher unvollständig als vollständig (fragmentiert, elliptisch, lakonisch)
– eher mehrdeutig als eindeutig (aktionale und dialogische Ambiguität; Offenheit der Interpretation)
– eher unbestimmter Kontext als definierter (erst unbestimmt, dann nach und nach bestimmt – sukzessive Kontextierung)
c) gegen die Alltagserwartung (kenne die kognitiven Voreinstellungen des Zuschauers!): suche nach Möglichkeite von Originalität und Überraschung, die plausibel sind
d) nutze die Intelligenz und die kognitiven Voreinstellungen des Zuschauers, indem du ihn dazu bringst, begründete Erwartungen zu haben, mit denen du spielst (positive „Enttäuschung“ / Überraschung – mache, dass der Zuschauer sich manchmal irrt , sich ein falsches Bild macht, seine Hypothesen korrigieren muss)
e) nutze „positive“ Redundanz bei indirekter Darstellung kumulativ: in Interaktion, nonverbaler und verbaler Kommunikation können sich gleichzeitig verschiedene Elemente, die für sich und „out of context“ nichts oder alles mögliche bedeuten können, semantisch präzisieren; verantwortlich für die Schlussfolgerungen ist allerdings der Zuschauer! Hier kann alles mitspielen: Neben Handlung, Dialog und nonvernaler Kommunikation (vor allem Reaktionen) auch Geräusche, Musik, Elemente der Umgebung, Elemente der Situation.