Die Franzosen haben’s schon drauf. Jedenfalls meistens. „Der Panther wird gehetzt“ ist ein atmosphärisch dichter, spannender Gangsterfilm, der im Winter des Jahres 1959 in Mailand, Südfrankreich und Paris spielt. Die Geschichte wird aus der Perspektive des von der Polizei gejagten Schwerverbrechers Abel Davos (Lino Ventura) erzählt. Diese strukturelle Entscheidung generiert jede Menge Gefahrenmomente für den Protagonisten und führt zu einer Synchronisation mit seiner Gefühlswelt. Man findet ihn nicht sympathisch, aber zittert mit ihm mit. Außerdem wird hier ein klassisches Erzählmotiv etabliert: der Verrat, zusätzlich angereichert mit einem Rachemotiv und Flucht-Verfolgungs-Szenen. Das lapidare, unkonventionelle Finale demonstriert die Ausweglosigkeit des in die Enge getriebenen Panthers.
Die Geschichte
Bei einem Feuergefecht mit der Polizei werden Thérèse, die Frau von Abel Davos, und sein bester Freund getötet. Zusammen mit seinen beiden kleinen Jungen – 5 und 7 Jahre alt – taucht der Gangster in Nizza unter. Er bittet drei alte Komplizen in Paris um Hilfe, die den jungen Gauner Eric Stark (Jean-Paul Belmondo) mit dieser heiklen Mission beauftragen. Getarnt in einem Krankenwagen bringt Eric den Gangster und seine Kinder nach Paris. Unterwegs gabeln sie noch die Schauspielerin Liliane auf, die ihnen bei einer Polizeikontrolle aus der Patsche hilft. In Paris findet Abel Unterschlupf in einer Dachkammer von Erics Wohnhaus. Nachdem die Polizei seine alten Freunde unter Druck setzt, versuchen sie die Adresse seines Verstecks in Erfahrung zu bringen. Aber Abel kommt hinter den Verrat und beginnt einen tödlichen Rachefeldzug. Den beendet er abrupt, als er erfährt, dass die Ehefrau eines von ihm getöteten Ex-Freundes einem Herzinfarkt erlegen ist.
Stärken
Die Perspektive des flüchtenden Gangsters impliziert einen Haufen Schwierigkeiten und das ist gut so. Zum Teil sind diese Probleme, selbst für einen „Panther“, auch erstaunlich irdisch und normal. So ist Abel zum Beispiel gezwungen, seine beiden kleinen Jungen irgendwie unterzubringen. Sie sind natürlich ein Störfaktor bei seiner Flucht. Auch wenn man sich nicht für Abel erwärmt, man fühlt mit ihm, etwa so wie mit Tom Ripley in der Thrillerreihe von Patricia Highsmith. Das ist das Stichwort. Da sind wir beim Suspense. Der Zuschauer hat in „Der Panther wird gehetzt“ meist mehr Informationen als Teile der handelnden Personen. Wenn Abel zum Beispiel in Paris eine Bar betritt und sich nach allen Seiten vergewissernd umschaut, dann wissen wir, was in seinem Kopf vor sich geht. Das sorgt auch bei noch so alltäglichen Szenen für Spannung.
Einsamkeit
Sehr schön ausgearbeitet ist auch Abels Gefühl zunehmender Einsamkeit: Thérèse und sein Kumpel werden auf der Flucht erschossen, seine ehemaligen Freunde wenden sich von ihm ab, seine Kinder bringt er bei einem alten Freund seines Vaters unter. Bleibt nur Eric, aber der ist frisch verliebt. Auch da ist Abel außen vor. Irgendwann erklärt er dem jüngeren Freund: „Wenn man für niemanden mehr zu sorgen hat, ist alles sinnlos.“
Finale
Das Ende von „Der Panther wird gehetzt“ ist schon außergewöhnlich. Keine Verfolgungsjagd, keine Ballerei, kein Showdown. Nein. Aus der Zeitung erfährt Abel vom Herztod der Ehefrau seines von ihm getöteten ehemaligen Komplizen. Das erinnert ihn an den Tod seiner eigenen Frau und führt ihm die ganze Sinnlosigkeit seines Kampfes vor Augen. „Das wär’s“, ist sein Fazit. Den Rest der Geschichte, seine Festnahme und Hinrichtung, erledigt der Off-Erzähler. Völlig unspektakulär.
Schwächen
Der Tod von Thérèse hätte Abel stärker belasten müssen. Immerhin trägt er die Hauptverantwortung für dieses Verbrecherdasein. Diesen inneren Konflikt, schuld am Tod seiner Frau und gleichzeitig verantwortlich für seine Flucht und den Schutz der Kinder zu sein, hätte man deutlicher machen müssen. Ähnlich wie in „Charley Varrick – Der große Coup“ von Don Siegel ist das Ableben der geliebten Ehefrau auch hier kein großes Thema. Das ist aber weder glaubhaft noch dramatisch. Die Begegnung mit Liliane auf einsamer nächtlicher Straße, deren brutaler Freund von Eric k.o. geschlagen wird, ist schon ein bisschen absurd. Besser wäre es gewesen, wenn Liliane sich schon am Strand von Nizza mit den beiden Jungen angefreundet hätte. Dann hätte Abel sich für ihre Begleitung aussprechen können und ausgerechnet Eric, ihr späterer Liebhaber, dagegen. Das wäre die Ironie gewesen.
Fazit
Während die Deutschen zeitgleich „Im weißen Rössl“ oder „Das Spukschloss im Spessart“ gedreht haben, liefern die Franzosen mal wieder knallharte Unterhaltung. Ein Anliegen, das Claude Sautet auch noch kunstgerecht umgesetzt hat.
