Sein oder Nichtsein (Ernst Lubitsch)

Als Ernst Lubitsch 1941 diese rabenschwarze Nazi-Komödie herstellte, war er seiner Zeit um mindestens 100 Jahre voraus. Gegen das Erzähltempo und den Dialogwitz wirken etliche aktuelle Filme wie angestaubte Ladenhüter. Zu behaupten, Lubitsch hätte sich hier wie ein Elefant im Porzellanladen benommen, ist schlichtweg verniedlichend. Die New York Times warf ihm vor, sich wie Nero aufzuspielen, „der zum Brand von Rom Geige spielt.“ Ein großes Kompliment, denn wie kaum ein anderer hat Lubitsch die DNA des Films verinnerlicht und transportiert: Die Gestaltung von Spielfilmen erfordert, im Gegensatz zu unserem Verhalten in der Realität, Unbekümmertheit, Hemmungs- und Rücksichtslosigkeit. All das zelebriert Lubitsch in „Sein oder Nichtsein“ bis zum Exzess. Wenn Georges Méliès der Vater des narrativen Films war, dann ist Ernst Lubitsch sein rotzfrecher Sohn.

Die Geschichte

Im Zentrum des Geschehens steht eine polnische Schauspieltruppe, die 1939 eine antifaschistische Komödie zur Aufführung bringen will! Um das Hitlerregime nicht unnötig zu provozieren, wird das Stück kurzerhand durch Shakespeares „Hamlet“ ersetzt. Ausgerechnet während des Monologs „Sein oder Nichtsein“ des Hauptdarstellers Joseph Tura (Jack Benny) steht eine junger polnischer Offizier auf und verlässt den Theatersaal. Er hat ein Rendezvous in der Garderobe von Maria Tura (Carole Lombard), der Ehefrau des Hauptdarstellers. Aber es bleibt nicht viel Zeit für Eifersüchteleien,  denn noch während der Aufführung bricht der 2. Weltkrieg aus. Mit der Okkupation Warschaus haben die Theaterschauspieler dann doch noch Gelegenheit, ihre bissige Farce zur Aufführung zu bringen.

Dramaturgie

Damit wird auch das Spannungspotenzial maximal ausgereizt. Denn hier steht nicht weniger als das Leben des gesamten Ensembles auf dem Spiel. Gerade dieses ständig präsente Damoklesschwert verleiht den kompromisslos aneinandergereihten komödiantischen Szenen eine besondere Intensität. Herausragend ist zum Beispiel die Szene, als Joseph Tura in der Rolle des falschen Professor Siletsky bei SS-Gruppenführer Ehrhardt gerade noch seinen Kopf aus der Schlinge ziehen kann. Hier geht es wirklich um „Sein oder Nichtsein“.

Dialoge

Für die Dialoge war Edwin Justus Mayer verantwortlich. Sie sind ein handwerkliches Lehrstück, doppeldeutig, anzüglich, unmoralisch und böse: „Wenn ich irgendeinen Witz anfange, dann stiehlst du die Pointe. Wenn ich diät esse, dann nimmst du ab. Wenn ich mich erkälte, du hustest und wenn wir jemals ein Kind bekommen sollten, dann bist du wahrscheinlich die Mutter?“ (Maria Tura) „Wenn ich der Vater bin, bin ich zufrieden.“ (Joseph Tura) Ach, ist das schön!

Fazit

„Sein oder Nichtsein“ ist eines der ganz großen Meisterwerke der Filmgeschichte.

7 Emojis zur Bewertung eines Spielfilms, hier 7 blaue Smileys für Sein oder Nichtsein.
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