Lonely Hearts Killers (Todd Robinson)

Der Film ist zu einem Teil ein Krimi, zum anderen Teil ein Psychothriller. Aber anders als in „Hell or High Water“ (David Mackenzie) hat die Krimiebene hier eine erzählerische Funktion. Es fängt damit an, dass die Ehefrau von Detective Elmer Robinson (John Travolta) Selbstmord begeht und die Off-Stimme des Erzählers, seines Partners Charles Hildebrandt (James Gandolfini), für unglaubliches Tempo sorgt. Dieser Suizid ist der Schlüssel für die Ergreifung der Lonely-Hearts-Killers, die in den 40er Jahren in den USA tatsächlich mehrere Frauen betrogen und ermordet haben.

Ermittlungen

Elmer will der scheinbare Selbstmord einer jungen Frau, den er bei einem Kriminalfall untersucht, nicht so recht einleuchten. Stellvertretend für den unerklärlichen Freitod seiner Frau untersucht er akribisch den Tatort und kommt nach und nach dem Täterpaar auf die Spur. Das besteht aus dem Hochstapler und Heiratsschwindler Ray Fernandez (Jared Leto) sowie seiner Geliebten Martha Beck (Salma Hayek). Beide verbindet ein krankhaftes Liebesverhältnis, in dem Martha die treibende und mörderische Kraft ist. Nach ihrer Festnahme fragt sie Elmer beim Verhör, ob er – so wie sie – jemals einen Menschen getroffen hat, der bereit war, für ihn zu töten? Elmer schweigt und denkt an seine verstorbene Frau.

Handwerk

Die Ausstattung, die Kamera – alles perfekt. Die Schauspieler sind allesamt herausragend. Wenn die drei Detectives der Mordkommission sich anfrotzeln, dann geht es richtig zur Sache. Überhaupt ist „Lonely Hearts Killers“ hart. Das liegt nicht nur an den Dialogen, sondern vor allem am abgründigen Treiben der Mörder. Manchmal ist es zu hart. Wenn Martha und Ray am Ende nicht nur seine Brieffreundin Delphine umbringen, sondern auch noch deren kleine Tochter, wird eine Grenze überschritten.

Zurecht hat Alfred Hitchcock selbstkritisch festgestellt, dass ein Kind im Film sterben zu lassen, nichts anderes als Verrat am Kino ist (s. Defätismusskala). Der wird damit gerechtfertigt, dass es sich im tatsächlichen Fall auch so zugetragen hat. Das ist aber – mit Verlaub – Unfug. Denn ein Filmemacher nimmt immer Eingriffe vor. Die tatsächliche Martha war eine eher unattraktive, schwergewichtige Frau. Die wurde in der Verfilmung dargestellt durch die bildhübsche Salma Hayek. Also, warum dieser Verrat, der einen letztlich deprimiert zurücklässt?

Finale

Ein weiterer Schwachpunkt ist die finale Annäherung zwischen Elmer und seinem Sohn. Das wirkt im gezeigten Ausmaß ein bisschen aufgesetzt, so als wollte man einen gefühlsmäßigen Ausgleich fürs depressive Geschehen sorgen. Das erreicht dann noch mal seinen Höhepunkt durch den Vollzug der Todesstrafe auf dem elektrischen Stuhl. Die Grausamkeit der Darstellung mag zwar ein Plädoyer gegen die Todesstrafe sein, aber sie lässt Elmer ebenso unbefriedigt zurück wie den Zuschauer. Grausamkeit kann man eben nicht durch Grausamkeit vergelten.

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Der Tod und das Mädchen (Roman Polanski)

Dieser spannende Psychothriller ist zugleich das intelligenteste Rachedrama der Filmgeschichte. Es beruht auf einer starken Vorlage des chilenischen Autors und Literaturprofessors Ariel Dorfman. Sein Theaterstück „Der Tod und das Mädchen“ ist auch eine Metapher über Missbrauch und Leid, über Täter und Opfer. Alles passiert in einer Nacht in einem einsam gelegenen Landhaus. Die Vorgeschichte ist zu Zeiten einer südamerikanischen Militärdiktatur angesiedelt, in der politische Gegner misshandelt und gefoltert wurden. So auch die Protagonistin Paulina Escobar, herausragend gespielt von Sigourney Weaver. Nicht minder exzellent ist das Schauspiel der männlichen Figuren, ihres Ehemannes, des Rechtsanwalts Gerardo Escobar (Stuart Wilson) sowie des Folterers, des Arztes Dr. Roberto Miranda (Ben Kingsley).

Die Geschichte

Das Theaterstück war als Vorlage geradezu prädestiniert für Roman Polanski, der – auch aufgrund eigener Erfahrungen im Krakauer Ghetto – wie kaum ein anderer die Traumata, die klaustrophobische Enge und die bedrohliche Atmosphäre in Szene setzen konnte. Von Beginn an geht es zur Sache. Beim ersten verdächtigen Geräusch greift Paulina zur Pistole, die sie bis zum Schluss nicht mehr loslässt. Die Bedrohung ist allgegenwärtig. Wie ein gehetztes Tier geistert Paulina durch ihre Umgebung, um die Dämonen der Vergangenheit abzuschütteln. „Was ist mit den Lebenden?“, fragt sie anklagend ihren Mann, der gerade zum Vorsitzenden einer Regierungskommission zur Aufarbeitung von getöteten Oppositionellen berufen worden ist. Einer, der ihr das Leben zur Hölle gemacht hat, ist ihr Folterer Dr. Miranda. Zufällig hilft er Gerardo bei einer Wagenpanne und taucht im Landhaus auf. Paulina erkennt ihren Peiniger an seiner Stimme und seinem Geruch. Mit der Pistole in der Hand dreht sie nicht einfach den Spieß um – das wäre zu plump -, sondern stellt ihm ein Ultimatum: Entweder er legt ein Geständnis ab oder er stirbt. Eine Deadline – um 6 Uhr morgens erscheinen die Personenschützer – eskaliert den Druck.

Dramaturgie

Patricia Highsmith hat einmal postuliert, dass eine gute Geschichte so nahe wie möglich vor ihrem Ende anfangen sollte. Der dramatische Ertrag dieser klugen Erkenntnis wird hier beispielhaft demonstriert. Eine Nacht – nicht mehr und nicht weniger – dient der Enthüllung grausamer Taten und Qualen. Dafür werden keine Folter- oder Missbrauchsszenen benötigt. Alles spielt sich in den Köpfen, Gesichtern und Handlungen der drei Protagonisten ab. Reactionshots, denn „Movies are not action. They are reaction.“ (so der US-amerikanische Drehbuchautor Dudley Nichols). Die Dialoge sind schonungslos. Es ist die Nacht der Wahrheit.

Finale

Bis zum Schluss von „Der Tod und das Mädchen“ versucht Gerardo – ganz Anwalt – die Schuld Dr. Mirandas anzuzweifeln, womit Paulina ganz auf sich allein gestellt ist. Dramaturgisch vorbildlich. Auch ein angebliches Alibi kann oder will Gerardo nicht als Fälschung identifizieren. Dafür benötigt es dieses geniale Ende: Paulina steht mit dem gefesselten Dr. Miranda und ihrem Mann auf dem Felsen, von dem sie zuvor schon den Wagen ihres Peinigers in die Tiefe gestürzt hat. Erst jetzt, angesichts des Todes und der aufwühlenden Nacht, gesteht Miranda seine Vergewaltigungen und Misshandlungen. Jetzt ist es ein echtes Eingeständnis. Deshalb befreit Paulina ihn von den Fesseln, was auch zugleich – zumindest ein Stück weit – eine Befreiung für sie ist. Sein Tod hätte ihr keine Erleichterung gebracht. Da auch Gerardo den Folterer seiner Frau nicht in den Abgrund stürzt und Dr. Miranda nicht den Mut für einen Selbstmord aufbringt, erwartet ihn das schlimmstmögliche Ende: das Weiterleben unter dem Eingeständnis seiner Taten.

Franz Schubert

Das verdeutlicht auch die Schlußszene in der Oper. Während Paulina wieder in der Lage ist Schubert zu hören („Der Tod und das Mädchen“) – die musikalische Untermalung während ihrer Folterungen – und sich den Darbietungen auf der Bühne widmet, starrt Dr. Miranda von seiner Loge auf sein ehemaliges Opfer herab. Jetzt ist er das gehetzte Tier und er wird es Zeit seines Lebens bleiben. Ein geniales Drama, das Hoffnung macht.

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Tränen der Sonne (Antoine Fuqua)

Ein spannender Kriegsthriller, der zeitlich wohl auf den Militärputsch des Diktators Sani Abacha in Nigeria 1993 beruht. Aufrührerische Rebellen ermorden den gewählten Präsidenten samt Familie, übernehmen die Macht und verbreiten durch „ethnische Säuberungen“ Angst und Schrecken. „Tränen der Sonne“ besticht mit einer einfachen Geschichte, mit der Einheit von Zeit, Raum und Handlung: Der US-amerikanische Lieutenant Waters (Bruce Willis) hat den Auftrag, mit einer kleinen Spezialeinheit Dr. Lena Kendricks, amerikanische Ärztin in einer christlichen Mission, in Sicherheit zu bringen.

Der Hook

Scheinbar kein großes Ding. Doch Dr. Kendricks weigert sich, ohne ihre afrikanischen Patienten und Schützlinge die Mission zu verlassen. Waters steckt in der Bredouille. Eigentlich will er hier nur schnell seinen Befehl ausführen. Also gaukelt er Dr. Kendricks vor, nicht nur sie, sondern auch ihre Schützlinge zu evakuieren. Zu Fuß wandert die Kolonne zum verabredeten Hubschrauberlandeplatz. Damit hängen Waters und seine Männer aber am Haken. Nach und nach entwickeln sie Gefühle für die Flüchtlinge und können nach einem grausamen Massaker der nigerianischen Truppen an den Zurückgebliebenen der Mission nicht mehr einfach zur Tagesordnung übergehen. Waters widersetzt sich seinem Befehl und beginnt mit der Evakuierung der gesamten Flüchtlingsgruppe. Die Schwächsten lässt er mit einem Helikopter in Sicherheit bringen. Den Rest will er mit seinen Männern ins 60 Kilometer entfernte Kamerun führen.

Dramaturgie

Das ist schon genial angelegt: Eine Rettungsmission von A nach B mit einer mordgierigen Rebelleneinheit auf den Fersen. Wie vorbildlich die Spannung eskaliert wird, demonstriert eine kleine Episode im nächtlichen Dschungel: Auf ihrem Weg zum Hubschrauberlandeplatz kommen den Flüchtlingen schwer bewaffneten Rebellen entgegen. Waters gibt den Befehl, sich im Dschungel zu verstecken und keinen Laut von sich zu geben. Das gilt auch für das unruhige Baby, dem Dr. Kendricks den Mund zuhält. Die Rebellen ziehen dicht an den versteckten Flüchtlingen vorbei. Das Baby wird unruhig. Einer der Rebellen schöpft Verdacht und beginnt, das Gelände neben dem Pfad zu durchsuchen. Fachgerecht wird nicht nur hier die tödliche Gefahr retardiert und bis zum Maximum ausgereizt.

Figuren

Die Hauptfiguren sind interessant, belauern und belügen sich und durchlaufen eine Entwicklung. Noch kurz vor Ende rechtfertigt Dr. Kendricks ihr Wissen um die Anwesenheit dreier Verräter in der Gruppe: „Ich konnte Ihnen (Lt. Waters) nicht vertrauen.“ „Was muss man tun, um Ihr Vertrauen zu gewinnen?“, antwortet Lt. Waters. Überhaupt sind die Dialoge spannend und hintergründig. Als Waters noch in der Mission mit Dr. Kendricks Wunsch nach einer gemeinsamen Evakuierung konfrontiert wird, stellt er eine Satellitenverbindung zu seinem Befehlshaber her. Der Zuschauer erfährt nicht, was der Captain sagt, nur dass Waters nach dem Telefonat scheinbar auf das Verlangen eingeht. Einer von Waters Leuten stellt den Lieutenant zur Rede: „Was hat der Captain gesagt?“ Waters schaut ihn gar nicht an als er antwortet: „Was glaubst du wohl, was der Captain gesagt hat?!“ Das ist super. Man muss schon mitdenken, um auf dem Laufenden zu bleiben. Hinzu kommt noch eine herausragende Kameraarbeit.

Schwachpunkte

„Tränen der Sonne“ von Antoine Fuqua ist drauf und dran, die gesamte Punktzahl einzufahren, bis der Film in der zweiten Hälfte alles in den Sand setzt. Es fängt mit einer Episode an, die eine grausame „ethnische Säuberung“ in einem kleinen Dorf zeigt. Waters und seine Leute könnten das Dorf umgehen. Aber sie ergreifen Partei und töten die Rebellen. Diese Szene ist viel zu lang, zu grausam und besitzt eigentlich keine Handlungsrelevanz. Sie dient nur der plumpen Heroisierung amerikanischer Militäreinsätze in ausländischen Kriegsgebieten. Und so geht es dann weiter.

Konflikte

Als Waters nach der Enttarnung der drei Verräter seine Männer nach dem weiteren Vorgehen befragt, antworten alle unisono: Ich bin dabei. Das ist aber unklug und auch undramatisch. Besser wäre hier ein Konflikt gewesen und die Verräter ihrem Schicksal zu überlassen. Denn sie sind ja das eigentliche Ziel der Verfolger, weil sich unter ihnen ein Sohn des ermordeten Präsidenten befindet. Dass der ein Symbol für Demokratie, Frieden und Fortschritt sein soll, mag man auch nicht so recht glauben. Üblicherweise wird in diesen Regionen doch ein korrupter Präsident durch den anderen ersetzt.

Finale

Richtig schlimm ist dann das pathetische, verlogene Ende, das eine Last-Minute-Rescue durch amerikanische Kampfflugzeuge zeigt. Als wenn die Amerikaner jemals mit ihren militärischen Auslandseinsätzen für die Befriedung von Regionen gesorgt hätten? Gibt es solche Einsätze? Zumindest im Film dürfen wir das mal erleben. Unterstützt von der domestizierenden Filmmusik Hans Zimmers erfahren wir jetzt das ganze Ausmaß dessen, was sich hinter dem schmalzigen Filmtitel „Tränen der Sonne“ verbirgt: Pathos zum Abwinken. US-Soldaten als Retter armer verfolgter Schwarzafrikaner. Da nimmt sogar Dr. Kendricks am Ende den arg lädierten Lt. Waters an ihren wohlgeformten Busen. Schade, kann man da nur sagen. Wie auf intelligente Art und Weise die Fragwürdigkeit derartiger Militäreinsätze thematisiert und gleichzeitig eine spannende Geschichte erzählt wird, zeigen z.B. „Black Hawk Down“ von Ridley Scott oder „Lone Survivor“ von Peter Berg.

7 Emojis zur Bewertung eines Spielfilms, hier 4 blaue Smileys und 3 schwarze traurige Gesichter für "Tränen der Sonne"

Nightcrawler (Dan Gilroy) USA 2014

„Nightcrawler“ von Dan Gilroy ist ein grandioser Psychothriller mit einem genialen Jake Gyllenhaal in der Rolle des gewalttätigen Kleinkriminellen Louis Bloom. Ein konzentriertes Psychogramm eines intelligenten Soziopathen, der schließlich als rücksichtsloser Sensationsreporter seine „Berufung“ findet und buchstäblich über Leichen geht. Louis operiert ebenso abstoßend wie faszinierend. Gefühle sind ihm fremd. Er imitiert sie nur, wenn er ein Vorteil wittert. Nach eigenem Bekunden mag er keine Menschen, weil er sie nicht versteht. Er braucht sie, um Macht auszuüben und um zu überleben. Er zitiert gängige Business-Strategien und lobt seine Kunden aus taktischen Gründen. Louis ist ein Crime-Paparazzi wie er im Buche steht: „Wer mich sieht, hat den schlimmsten Tag seines Lebens.“ Alle Nebenfiguren sind ebenso hervorragend besetzt. Allen voran die alternde Nachrichtenchefin Nina Romina (Rene Russo) und sein Praktikant Rick Carey (Riz Ahmed).

Dramaturgie

Die Spannung wird vorbildlich eskaliert. Nachdem Louis seinen einzigen Konkurrenten erledigt hat, ist er als erster am Tatort einer feudalen Villa, in der die Bewohner von Killern ermordet wurden. Louis filmt nicht nur das Blutbad, sondern auch die fliehenden Mörder, was er gegenüber der Polizei verheimlicht. Deren Festnahme inszeniert er nach allen Regeln der Kunst. Dabei nimmt er nicht nur den Tod der beiden Killer in Kauf, sondern auch den seines Praktikanten und eines Polizeibeamten. Der Film ist auch eine gnadenlose Abrechnung mit den Mechanismen aktueller Fernsehberichterstattung in den USA (hierzulande wäre so etwas kaum denkbar). Letztlich liefert Louis nur das, wonach die Medien gieren: Mord und Totschlag – hautnah und schonungslos. Durch ständiges Elliptieren wird ein rasantes Erzähltempo vorgelegt und die Zuschauer zum Mitdenken animiert. Die Dialoge sind überraschend und hintergründig, ein Baustein der sogartigen Spannung.

Schwachpunkte

„Nightcrawler“hat zwei kleine Schwachpunkte: Wenn Louis die Bremsleitung am Fahrzeug seines Konkurrenten ansägt, dann müsste nach dessen tödlichem Verkehrsunfall die Spurensicherung eigentlich dem Sabotageakt auf die Schliche kommen. Louis’ ständige Grenzüberschreitungen an Unfall- und Tatorten werden juristisch nur ein einziges Mal beanstandet, was die Verpixelung von Mordopfern zur Folge hat. Da hätte man sich schon ein bisschen mehr Gegenwind vorstellen können, sowohl von Polizisten vor Ort oder von gefilmten Opfern und deren Angehörigen.

Finale

„Nightcrawler“ endet mit einer Drohung des weiblichen Detectives, Louis des Mordes zu überführen und mit einem erneuten Zeitsprung. Sämtliche Ermittlungen sind offensichtlich ins Leere gelaufen, da alle Zeugen des letzten Überfalls gestorben sind und Louis nichts nachzuweisen ist. Im Schlussbild hält er eine Ansprache vor seinen neuen Praktikanten und vor neuen Produktionsfahrzeugen: „Ihr müsst nichts tun, was ich nicht auch tun würde.“ Nur Bloom und die Zuschauer wissen um die tiefere Bedeutung dieser scheinbar harmlosen Floskel. Das Grauen ist weiterhin unter uns.

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Gone Girl (David Fincher) USA 2014

Dieser Psychothriller, nach einem Bestseller von Gillian Flynn, ist eigentlich ein Whodunit. „Gone Girl“ ist aufgebaut wie ein spannendes, komplexes Puzzlespiel, das eine emotionale Nähe zu den Protagonisten – wie bei den meisten Filmen von David Fincher – vermeidet und den Zuschauer deprimiert zurücklässt.

Mysterien

Man weiß anfangs nicht, was und wem man glauben soll und das sorgt für Spannung (produktive Irritation). Leider bleibt im Verlauf von „Gone Girl“ bis zum Schluss vieles mysteriös, was eine Synchronisation der Gefühle mit den Hauptfiguren verhindert. Wieder einmal erliegt Fincher seiner Vorliebe fürs Rätselhafte, was man (wie in „Sieben“) auch hier an den verschlüsselten Hinweisen in mehreren Briefumschlägen sehen kann, die entweder die verschwundene Ehefrau Amy oder ihr verdächtiger Ehemann Nick an verschiedenen Stellen deponiert hat.

Whodunit

Aber eigentlich ist es keine Kunst, ein Rätsel zu stellen. Dahinter steckt die Haltung eines allwissenden Fädenziehers, der sich einen Spaß daraus macht, den Betrachter an der Nase herumzuführen. Schnitzeljagd. Ich sehe was, was du nicht siehst. Das sorgt aber bestenfalls für kurzfristige Spannung oder momentane Überraschungen, oftmals für Verwirrung, aber nicht für Emotionen: „Zum Beispiel handelt es sich in einem Whodunit nicht um Suspense, sondern um eine Art intellektuelles Rätsel. Das Whodunit erweckt Neugier, aber ohne jede Emotion… Eben deshalb mag ich die Whodunits nicht. Mich erinnert das an Puzzlespiele oder an die Kästchen beim Kreuzworträtsel. In aller Ruhe wartet man die Antwort ab auf die Frage: Wer war’s (hier war’s die Ehefrau)? Kein bisschen Emotion.“ (Alfred Hitchcock in „Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht von Francois Truffaut).

Informationsfluss

Eben das ist der Punkt: Der mangelhafte Informationsfluss (s.a. Filmrezension zu „Anna“). Wir sehen, dass es Nick schlecht geht, aber erfahren nicht warum. Wird er nun fälschlicherweise eines Verbrechens beschuldigt oder plagen ihn die Gewissensbisse eines Mörders, dem eine Enttarnung droht? Weil wir darüber im Unklaren gelassen werden, haben wir auch keine Chance, mit den Hauptpersonen mitzufiebern.

Finale

Sehr gut ist die Installation des Reality-TV-Senders als allgegenwärtiger, allmächtiger und verkommener Beichtstuhl-Ersatz, der an allem interessiert ist, nur nicht an Kategorien wie Moral, Wahrheit oder Gerechtigkeit. Das offene Ende ist nichts anderes als Verrat am männlichen Protagonisten, der sich offensichtlich in sein Schicksal ergibt. Dabei müsste Nick nach der Erkenntnis, mit einer Psychopathin und Mörderin verheiratet zu sein, im Grunde den Spieß umdrehen. Jetzt, wo alle Welt weiß, dass er fälschlicherweise eines Mordes verdächtigt wurde, müsste er sich ihrer entledigen. Jetzt würde man ihn doch nicht mehr so leicht verdächtigen.

Lösungen

Außerdem: Amys Version, von ihrem ehemaligen Freund Desi Collings entführt worden zu sein, kann doch nur stimmen, wenn der Beschuldigte zur Tatzeit kein Alibi hatte. Das wird totgeschwiegen. Weiter: Von wem soll Amy denn am Ende schwanger sein? Da es Nick nach eigenem Bekunden nicht war, kommt nur Desi Collings in Frage. Dem ließe sich aber beizeiten mit einem Vaterschaftstest auf den Grund gehen. Diese Lösung wäre besser gewesen: Die ganze Geschichte aus Amys Sicht zu erzählen, den Zuschauer mit Informationen zu füttern und als Komplizen zu instrumentalisieren, so wie es Patricia Highsmith mit der Figur des Tom Ripley demonstriert hat.

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Anna (Luc Besson) F 2018

Dieser Agententhriller ist ein schaler Aufguss eines früheren, viel besseren Films von Luc Besson, nämlich „Nikita“. Hauptproblem ist die völlig unglaubwürdige Figur der KGB-Agentin Anna, die keinerlei Emotionen vermittelt. Dazu tragen auch die unmotivierten Zeitsprünge der Filmerzählung bei, die manchmal zwar überraschend sind, aber auch immer für Distanz sorgen.

Schwachpunkte

Dieser nicht-chronologische Unfug wird einem zwar als modern verkauft, ist aber nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver. Er hat die Funktion, narrative Defizite zu verschleiern. Außerdem sind sie antidramatisch und somit fehl am Platze. Ein Beispiel: Wenn Anna einen deutschen Diplomaten in seinem Hotelzimmer heimsucht, dann kehrt sie als nächstes zwar verspätet aber erfolgreich von ihrer Mission zur KGB-Einheit zurück. Da stellt sich doch Erleichterung ein.

Überraschung vs. Suspense

Erst später erfahren wir in einer Rückblende von den Gefahren, mit denen sie im Zimmer in Gestalt des CIA-Agenten Miller und seinen Leuten konfrontiert wurde. Das ist eine Überraschung – Emotionen, die ca. drei Sekunden währen. Viel besser wäre es gewesen, wenn wir mit ihr diese Gefahren durchlebt hätten und Zeugen ihrer Lügen gegenüber der KGB-Chefin geworden wären. Letztlich ein Frage des Informationsflusses. Also versorge ich den Zuschauer mit dramatischen Informationen (Suspense) oder enthalte ich sie ihm vor (Überraschung). Meister Hitchcock stellt die Sache klar: „Daraus folgt, dass das Publikum informiert werden muss, wann immer es möglich ist.“ („Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?“ von Francois Truffaut).

Dramaturgie

Also, es ist ein dramaturgischer Vorteil, wenn die Zuschauer mehr Informationen haben als Teile der handelnden Personen. Wer jemals beim Kasper-Theater war, wird sich vielleicht an das Krokodil erinnern, das im Hintergrund auftaucht und von Kasper noch nicht wahrgenommen wird, wohl aber von den Zuschauern. So eine dramatische Situation wird natürlich retardiert. Das dauert bis zu einer halben Minute, bis Kasper im letzten Moment die Zurufe der Kinder erhört und das Krokodil unschädlich machen kann. Das ist Suspense.

Ungereimtheiten

Außerdem wartet der Film mit einer Fülle von Abstrusitäten auf: Nach ihrer Ausbildung zur Agentin darf Anna in Paris eine ganze Reihe von Gegnern eliminieren, inszeniert im Stile eines Killer-Potpourri. Das könnte sich die Auslandsabteilung des KGB aber nie und nimmer erlauben. Schon ein einziger Mord würde sofort Ermittlungen, diplomatische Verwicklungen und Sanktionen nach sich ziehen (s. Fall Litwinenko oder Tiergartenmord).

Untote

Geradezu lächerlich sind die Schießereien im Moskauer Restaurant und in der KGB-Zentrale. Gerade da fragt man sich, ob nicht wenigstens einer der vielen KGB-Leute, die sie da erledigen kann, eine ähnlich gute Ausbildung wie sie erhalten hat? Jedenfalls wird sie auf wundersame Weise von gegnerischen Tritten und Kugeln verschont. Und wenn man sie erwischt hätte, wäre es einem auch egal gewesen. Das ist eben einer der Unterschiede zum Agententhriller „Red Sparrow“. Da zittert man mit der Heldin mit. Aber da stammt die Vorlage auch von einem Ex-CIA-Agenten und nicht von einem alternden Filmemacher, der sich einfalls- und lustlos abstrampelt, kalten Kaffee aufzuwärmen.

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Ein wahres Verbrechen (Clint Eastwood)

Eigentlich beruhigend, dass Clint Eastwood in der Spätphase seines Schaffens, in der eine Reihe von Meisterwerken entstanden sind, auch mal einen Film richtig in den Sand gesetzt hat. Immerhin widmet er sich in „Ein wahres Verbrechen“ einem klassischen Erzählmotiv („Unschuldig Beschuldigt“). Er baut Spannung auf und reizt die Deadline natürlich bis zum Äußersten aus – Handwerk eben. Eindrucksvoll ist die dokumentarisch anmutende Inszenierung der Hinrichtung. Spätestens wenn sich der Vorhang vor dem hell erleuchteten Lager des Todgeweihten öffnet, wähnt man sich als unfreiwilliger Zuschauer einer makabren Theateraufführung. Das sind die Stärken dieses Films, der auch ein schonungsloses Plädoyer gegen die Todesstrafe ist.

Schwachpunkte

Wie in vielen seiner Filme spielt Clint Eastwood auch in „Ein wahres Verbrechen“ den Helden, und zwar den Journalisten Steve Averett, einen „Lonely Wolf“ mit ausgeprägter Spürnase. Völlig unglaubwürdig ist allerdings sein Gespür für die Unschuld des zum Tode verurteilten Frank Beechum, wofür er gerade mal einen halben Tag benötigt. Damit werden aber auch sämtliche polizeilichen Ermittlungen und juristischen Verfahren, die sich ja vorab monatelang hingezogen haben werden, ad absurdum geführt. Hinzu kommt eine ganze Menge privater Schnickschnack, der keinerlei Handlungsrelevanz besitzt. Das wiederholte Flirten des ca. 70-jährigen Helden mit jungen Mädchen, die seine Avancen dann auch noch erwidern, wirkt einfach peinlich. Seine Eheprobleme und Seitensprünge haben mit der Geschichte überhaupt nichts zu tun. Sie dienen dem Regisseur nur der Verarbeitung privater Eheprobleme und sind immer wieder Thema in seinen Filmen („Erbarmungslos“, „American Sniper“, „The Mule“ usw.). Ebenfalls völlig überflüssig ist der tödliche Verkehrsunfall seiner jungen Kollegin.

Lösungen

Folgendes wäre besser gewesen: Eine Konzentration auf den Justizirrtum, dem ja ein tatsächlicher Fall („True Crime“ nach einem Roman von Andrew Klavan) zugrunde liegt. Eine zeitliche Erweiterung der Deadline auf mindestens eine Woche, damit seine Ermittlungsarbeit eine Glaubwürdigkeit erhält. Vor allem aber wäre es dramaturgisch besser gewesen, wenn Averett nicht sofort an die Unschuld des Verurteilten geglaubt hätte. Er hätte gezwungen werden müssen, diesen Auftrag anzunehmen, quasi seine letzte Chance. Besser wäre auch die Etablierung einer Antipathie zwischen Averett und Beechum gewesen (Odd Couple). Kurz vor Ultimo wäre er dann auf entlastendes Material gestoßen. Rest wie gehabt.

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Bis dass der Tod sie scheidet (E. Allen)

Es handelt sich bei „Bis dass der Tod sie scheidet“ um die spannende, auch erotische Variante eines klassischen Erzählmotivs: „Das Mörderische Dreieck“. Anders als in z.B. „Wenn der Postmann zweimal klingelt“ schliddert der 18-jährige Doug (Nick Jonas) nichtsahnend und weitestgehend hormongesteuert ins Unglück. Im Grunde ist er das ideale Werkzeug für die verführerische Mörderin. Es ist auch eine Coming-of-Age-Geschichte und lebt von der schauspielerischen Qualität der beiden Protagonisten.

Schwachpunkte

Es gibt drei gravierende Schwachpunkte: Wieso heiratet die attraktive Lena (Isabel Lucas) überhaupt ihren Mann, den Unternehmer Elliot (Dermot Mulroney), der die Verkörperung eines wohlhabenden Scheusals ist? Welche Gründe – außer pekuniären – gibt es dafür? Wieso schließt er eine Lebensversicherung über 10 Millionen Dollar ab? Das passt doch gar nicht zum notorisch misstrauischen Elliot und ist eigentlich völlig überflüssig. Denn bei seinem Ableben wäre Lena doch die Alleinerbin. Also, was soll der ganze Humbug mit der Versicherung, zumal es ja einiges zu erben gibt? Elliots Charakter ist auch zu eindimensional angelegt. Er wird ausschließlich geldgierig und gewalttätig skizziert. Es wäre schön gewesen, seine Persönlichkeit brüchiger zu gestalten, ihm andere, auch positive Eigenschaften zuzubilligen.

Polizeiarbeit

Der zweite Schwachpunkt ist die polizeiliche Ermittlungsarbeit. Hier darf der gemütliche Dorfsheriff Big Jack mit seinem einfach gestrickten Deputy zusammen mit der jungen Versicherungsagentin Angie im Todesfall ermitteln. Genau wie in „Fargo“ keine Spur von professionellen Kriminalbeamten der Mordkommission. Schon ein bisschen merkwürdig.

Showdown

Der dritte Schwachpunkt ist der gravierendste und einfach nur ärgerlich. Er betrifft das Ende des Films. Da überlässt die Mörderin zusammen mit ihrer Komplizin, der Versicherungsagentin, Doug ein angeblich entlastendes Beweisstück. Anschließend fliehen die beiden mit einem Wasserflugzeug, womit sie auch auf die Versicherungssumme verzichten. Alles für die Katz kann man da nur sagen. Dümmer geht’s nimmer. Zum einen kauft man das den geldgierigen Frauen nicht ab, zum anderen ist das undramatisch.

Lösungen

Wäre doch wunderbar gewesen, wenn Doug nun des Mordes verdächtigt und angeklagt worden wäre. Damit hätte man doch nur die wichtigste aller dramaturgischen Regeln erfüllt, nämlich dem Protagonisten das Leben so schwer wie möglich zu machen! Kurz vor dem Schuldspruch hätte Doug in Zusammenarbeit mit dem Sheriff dem Komplott auf die Schliche kommen können.

Finale

So endet „Bis dass der Tod sie scheidet“ mit einer rhetorischen Frage des Helden: Hättest du anders gehandelt? Da kann man nur sagen: Teils, teils. Auf die leibhaftige Versuchung in Gestalt der bildhübschen Lena hätte sich wohl nicht nur jeder Mann eingelassen. Aber einer Totschlägerin bei der Beseitigung einer Leiche zu helfen, ist schon ein anderes Kaliber. Das ist nämlich eine schwere Straftat, die eigentlich stärkere Skrupel beim Helden hätte hervorrufen müssen.

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https://youtu.be/JUpcopPxEsE

… denn zum küssen sind sie da (G. Fleder)

Seit den 90er Jahren hat man vermehrt den Eindruck, dass die US-amerikanische Bevölkerung zu einem nicht unerheblichen Anteil aus Serienkillern besteht. Ihre berufliche Tarnung ist vorzugsweise ein Job bei der Polizei. Diesen Verdacht bestätigt auch der uninspirierte Thriller „… denn zum küssen sind sie da“. Zudem wartet er mit einem humorfreien Besserwisser als Protagonisten auf, dem Polizeipsychologen Dr. Alex Cross (Morgan Freeman). Der hat nach der Entführung seiner Nichte durch einen Serienkiller nichts Besseres zu tun, als seiner Schwägerin zu raten, sich im Schlafzimmer auszuruhen. Klar, da er sich ja jetzt höchstpersönlich um den Fall kümmert und mit seinem schwarzen Porsche durch die Gegend kurvt.

Die Geschichte

Am Tatort, in Durham – North Carolina, ist Dr. Cross zwar nicht zuständig und hat da eigentlich nichts verloren. Nichtsdestotrotz wird er dort von den örtlichen Kriminalbeamten äußerst zuvorkommend behandelt und darf bei der Ermittlungsarbeit mitwirken. Das ist natürlich wenig glaubhaft und vor allem ein Verstoß gegen die elementarste aller dramaturgischen Regeln, nämlich seinem Protagonisten das Leben so schwer wie möglich zu machen (s. „Dramaturgie„).

Einer der jungen Frauen, die vom Killer in einem unterirdischen Verlies mitten in einem menschenleeren Waldgebiet gefangen gehalten werden, gelingt zu Fuß die Flucht. Trotzdem sind die Knalltüten-Ermittler incl. Dr. Cross anschließend nicht in der Lage das Gefängnis zu orten. Und das, obwohl die junge Frau unter Drogen stand und maximal einen bis drei Kilometer zurückgelegt haben konnte. Spätestens ab diesem Moment kann man aber auch gar nichts mehr ernst nehmen und sollte sich den Rest (Dr. Cross rettet seine Nichte und erschießt den Serienkiller, der ein Detective ist) lieber ersparen, eigentlich den ganzen Film.

Lösungen

Folgendes wäre besser gewesen: Originelle Charakter-Konfiguration, z.B. Tausch der Besserwisserei durch Selbstironie oder Understatement (s. Columbo), Ersatz des Porsches durch eine Klapperkiste, Verbot der Teilnahme an den polizeilichen Ermittlungen, Cross wäre nun ganz auf sich gestellt, die Flucht der jungen Frau müsste ersatzlos gestrichen werden, stattdessen engagiert Cross eine junge Frau als Köder und bringt sie in Lebensgefahr. Das wäre das größtmögliche Drama (s.a. „Das Versprechen“ von Dürrenmatt).

Fazit

Aber so hält „… denn zum küssen sind sie da“, was der der Filmtitel verspricht.

7 Emojis zur Bewertung eines Spielfilms, hier 1 blauer Smiley und 6 schwarze traurige Gesichter für "… denn zum küssen sind sie da"

Die Verurteilten (Frank Darabont) USA 1994

Stephen King ist ein begnadeter Erzähler, wenn er nicht gerade seinem Hang zum Paranormalen nachgeht. Das ist in seiner Novelle „Frühlingserwachen: Pin-up“ zum Glück nicht der Fall. Auf der Website kingwiki.de kann man u.a. nachlesen, worin die Unterschiede der filmischen Adaption zur Kurzgeschichte bestehen. Das ist grandios! Hier kann man studieren, welche dramaturgischen Entscheidungen die Filmemacher bei der Inszenierung von „Die Verurteilten“ getroffen haben. Bis auf eine Wahl (s. Schwachpunkte) sind alle anderen eine Optimierung. Kompliment!

Erzählmotiv

Entstanden ist ein hochdramatischer, ganz auf die beiden Hauptfiguren konzentrierter Gefängnisthriller mit vielen Entwicklungen, Wendungen und Überraschungen auf Grundlage eines klassischen Erzählmotivs: „Unschuldig Beschuldigt“. Es ist auch die Geschichte einer Freundschaft zwischen Ellis Boyd „Red“ Redding (Morgan Freeman) und Andy Dufresne (Tim Robbins), dessen Darstellung eines wegen Mordes verurteilten Bankers ziemlich genial ist.

Figuren

Erzählt wird die Geschichte aus Reds Perspektive, der zunächst nicht viel von Andy hält. Das ändert sich im Laufe ihrer gemeinsamen Haftzeit und hat viel mit Andys unbeugsamen Charakter zu tun. Gegen dessen Credo, sich trotz aller Widrigkeiten ein Stückchen Hoffnung zu bewahren, protestiert Red vehement. Etwas zu vehement, so dass damit auch sein Hauptproblem transparent wird. Er hat sich mit seinem Dasein im Gefängnis arrangiert. Die Freiheit ist eher ein Gefahrenort. Als Beleg dient ihm das Schicksal des Mitgefangenen Brooks, der die Bibliothek betreut hat, nach 50 Jahren entlassen wird und sich in der Freiheit das Leben nimmt.

Red glaubt auch, dass „man jeden brechen kann“ und ahnt nicht, dass Andy längst mit dieser Sorge seiner Freunde und Feinde spielt, hat er doch im Laufe von 20 Jahren, wie „Der Graf von Monte Christo“, heimlich einen Tunnel in die Freiheit gegraben. Aber am Ende hat Red etwas von Andys Unbeugsamkeit gelernt und redet endlich Tacheles mit dem Vorsitzenden der Bewährungskommission, was zu seiner vorzeitigen Entlassung in die gefährliche Freiheit führt.

„Die Verurteilten“ sammelt die maximale Punktzahl auf der Defätismusskala ein. Es ist einfach witzig wie Andy der Gefängnisleitung beim Aufbau mafiöser Strukturen hilft, die er letztlich zu seiner erfolgreichen Flucht nutzt. Es ist schon originell, wenn Andy irgendwann erstaunt feststellt, dass er „draußen zu den ehrlichsten zählte“ und „ein Gauner erst im Gefängnis geworden“ ist. Einfach schön wie er dem jungen Kriminellen Tommy Williams das Lesen beibringt, damit dieser seinen Hauptschulabschluss schafft. Es ist berührend wie Andy seine Freiheiten nutzt und Mozarts „Hochzeit des Figaro“ über die Lautsprecheranlage des Gefängnisses abspielt, was den anderen Inhaftierten einen Moment der Andacht beschert und Andy zwei Wochen Einzelhaft. „Man braucht Musik, um nicht zu vergessen, dass es noch Orte auf der Welt gibt, die nicht aus Stein sind“, begründet Andy seinen Sabotageakt.

Schwachpunkte

„Die Verurteilten“ hat zwei gravierende Schwachpunkte und einen kleinen: Wenn Andy von Tommy die Geschichte vom tatsächlichen Mörder seiner Frau erfährt, dann darf er mit diesem Wissen nie und nimmer zum Gefängnisdirektor Norton laufen. Andy müsste ahnen, dass dieser kein Interesse hat, ihn jemals wieder in Freiheit zu sehen. Die Unterredung passt auch nicht zum ansonsten strategisch denkenden und handelnden Andy. Außerdem macht er sich damit mitschuldig an Tommys Ermordung. Das ist, nach Andys Einzelhaft, die nächste Konsequenz aus seinem Gespräch mit Norton, womit wir beim zweiten Schwachpunkt sind.

Warum sollte der Gefängnisdirektor Tommy hinterrücks erschießen lassen? Das kann doch nur Unannehmlichkeiten zur Folge haben. Andere Wärter könnten die Fluchtversion in Frage stellen. Verwandte des Ermordeten könnten eine Untersuchung in die Wege leiten. Daran können Norton und sein Helfershelfer, Oberaufseher Captain Hadley, kein Interesse haben, zumal die Ermordung völlig überflüssig ist. Sie müssen doch nur dafür sorgen, dass beide niemals wieder rauskommen und in Andys Fall (zweimal lebenslänglich) sollte das keine Schwierigkeit sein. Und Tommy könnte man in den Gefängnismauern doch problemlos etwas anhängen, um seinen Aufenthalt zu verlängern.

Finale

Das Schlussbild des Films wie Andy an einem einsamen Pazifikstrand ein altes Boot restauriert und die Freunde sich in die Arme fallen, ist schwach und hat auch nichts mit Andys eigentlichem Traum zu tun, nämlich ein kleines Hotel im mexikanischen Küstenort Zihuatanejo aufzumachen. Viel schöner wäre es gewesen, wenn Andy im Foyer seines eröffneten Hotels gerade etwas repariert, zum Beispiel mit seinem Steinhammer einen Nagel in die Wand schlägt. Hinter seinem Rücken checkt ein Fremder an der Rezeption ein. Der Empfangschef fragt ihn, wie lange er bleiben möchte und der Fremde antwortet: „Lebenslänglich!“ Das ist das Stichwort. Jetzt würde Andy sich umdrehen und seinem Freund in die Arme fallen. Ende. Ansonsten, alles super!

7 Emojis zur Bewertung eines Spielfilms, hier 6 blaue Smileys und 1 schwarzes trauriges Gesicht für Die Verurteilten.

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