Tragikomödie

Die Tragikomödie ist eine Genremixtur aus Drama und Komödie.
Der Begriff stammt ursprünglich vom römischen Dichter Plautus, der sein Werk „Amphitruo“ als Mischform der Tragödie und Komödie bezeichnete. Aristoteles und Euripides schrieben ebenfalls mehrere Theaterstücke mit tragischen und komischen Elementen.

Entstehung

Im 17. Jahrhundert avancierte die Tragikomödie zur beliebtesten Dramenform der französischen Klassik. Die französische Version der Tragikomödie operierte vor allem mit adeligen Figuren und einer geschlossenen Handlung. Außerdem blieben die Protagonisten meist am Leben, was nicht immer gleichbedeutend mit einem Happy End war.

Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die Tragikomödie vor allem unter dem Einfluss von Friedrich Dürrenmatt. Er definierte sie als einzige dramatische Form, die den Menschen das wirklich Tragische vermittle und eine Läuterung der Gedanken und Seele erreiche. Nach Dürrenmatt soll die Tragikomödie folgende Bedingungen erfüllen: 1. Vermischung von positiven und negativen Beweggründen für das Handeln der Figuren. 2. Das Handeln scheitert durch einen Zufall (was dramaturgisch natürlich nie gut ist, Anm. Weller). 3. Aus diesem Scheitern gibt es kein Entkommen.

Definition

In der Tragödie möchte die Hauptfigur ihrem tragischen Schicksal entfliehen, verstrickt sich aber immer weiter ins Unglück und scheitert schlussendlich. In einer Komödie werden menschliche Schwächen – zur Erheiterung des Publikum – oftmals übertrieben dargestellt. Dennoch weist die erheiternde Handlung einen Konflikt auf. In der Regel ist dieser allerdings lösbar und die Zuschauer können mit einem Happy End rechnen. In der Tragikomödie werden entweder tragische Situationen durch komische Elemente oder komische Situationen durch tragische Elemente dargestellt. Ihr können folgende Merkmale zugeordnet werden: Eine Tragikomödie spielt in einer komplexen Welt mit komplexen Charakteren, hat Figuren, die widersprüchliche Eigenschaften besitzen, behandelt mehrere Themen gleichzeitig, hat mehrere Handlungsstränge, hat eine offene Dramenform (Ort, Handlung, Zeit sind uneinheitlich), ignoriert die Klassenzugehörigkeit (Begegnung von Adel und Bürgertum).

Sehenswerte Tragikomödien

About Schmidt (Alexander Payne) USA 2002
Am 8. Tag (Jaco Van Dormael) Belgien 1996
Besser geht’s nicht (James L. Brooks) USA 1997
Der Eissturm (Ang Lee) USA 1997
Der Gott des Gemetzels (Roman Polanski) F 2011
Der Hund, der Herr Bozzi hieß (Ladislao Vajda) I 1957
Gilbert Grape – Irgendwo in Iowa (Lasse Hallström) USA 1993
Gottes Werk und Teufels Beitrag (Lasse Hallström) USA 1999
Irina Palm (Sam Garbarski) GB 2006
Ist das Leben nicht schön? (Frank Capra) USA 1946

Back in the Game (Robert Lorenz) USA 2012

„Back in the Game“ ist eine leidlich spannende Tragikomödie im Baseballmilieu mit Clint Eastwood in der Hauptrolle. Wie in den Meisterwerken „Gran Torino“ oder „The Mule“ werden auch hier seine eigenen defizitären Vaterpflichten thematisiert. Den erzählerischen Hintergrund bilden berufliche Intrigen einer Scoutingfirma sowie einer Anwaltskanzlei. …

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Liebe und andere Grausamkeiten (Denys Arcand) CND 1993

„Liebe und andere Grausamkeiten“ von Denys Arcand ist eine Tragikomödie über eine Gruppe von Mittzwanzigern auf der Suche nach Liebe und Geborgenheit. Es ist eine Art Reigen über die Flüchtigkeit von Begegnungen im großstädtischen Montreal. In seiner Anlage erinnert der Film an „Der Eissturm“ von …

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Die andere Seite der Hoffnung (Aki Kaurismäki) FIN 2017

„Die andere Seite der Hoffnung“ ist zu einem Teil ein in Helsinki angesiedeltes Flüchtlingsdrama, zum anderen eine melancholische Tragikomödie. Seine Qualitäten bezieht der Film aus seinen originellen Figuren und vor allem aus ihren Entwicklungen. Das sind seine stärksten Momente. Leider schafft Aki Kaurismäki es nicht, …

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The Holdovers (Alexander Payne) USA 2023

„The Holdovers“ ist eine hervorragende Tragikomödie, in der die Geschichte einer ungewöhnlichen Freundschaft erzählt wird. Wieder einmal stellt Alexander Payne („About Schmidt“) seine Qualitäten in der Beobachtung menschlicher Schicksale, der Entwicklung von originellen Figuren und Dialogen sowie der Etablierung glaubhafter erzählerischer Wendungen unter Beweis. Hier …

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Ein leichtes Mädchen (Rebecca Zlotowski) F 2019

Was für eine wundervolle kleine Coming-of-Age-Geschichte! Bei deren Entwicklung hat die französische Regisseurin Rebecca Zlotowski sich von einem Zeitungsartikel inspirieren lassen. Heldin ist die 16-jährige Naïma (Mina Farid), die im südfranzösischen Cannes lebt. Im Voiceover bekommen wir Einblicke in ihr Leben. Zusammen mit Freund Dodo …

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Station Agent (Tom McCarthy) USA 2003

„Station Agent“ ist eine kleine, ungewöhnliche Tragikomödie, mit sehr originellen Protagonisten und ein paar dramaturgischen Defiziten. Dieser Independent-Film zeigt auch, was in der US-amerikanischen Filmindustrie mit all ihren Schattenseiten möglich ist. Produktionskosten von gerade mal einer halben Million Dollar stehen weltweiten Einnahmen von knapp neun …

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About Schmidt (Alexander Payne) USA 2002

Von der ersten Sekunde an wird in dieser Tragikomödie der amerikanische Traum vom familiären Wohlstand auf eindrucksvolle Weise demontiert. Aber anders als in Ang Lees „Der Eissturm“ ist in „About Schmidt“ der gnadenlose Blick hinter die beruflichen und familiären Fassaden nie distanziert. Er ist stets …

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